Weitere Ausschreitungen befürchtet - Opposition will Neuwahlen

Hetzjagd in Kenia

Noch immer sind im Westen Kenias viele Menschen auf der Flucht. Zugleich wächst die Angst vor weiteren ethnischen Ausschreitungen. In der Region um Eldoret gibt es Berichte über eine regelrechte Hetzjagd auf Kikuyu, die Volksgruppe des umstrittenen Präsidenten. Beenden könnte die Krise eine gemeinsame Regierung der nationalen Einheit. Die soll nach dem Willen des Oppositionsführers dann Neuwahlen vorbereiten. "Es muss neu gewählt werden. Es gibt gar keine andere Möglichkeit", sagt auch Kolping-Referent Volker Greulich im domradio Interview.

 (DR)

Der kenianische Oppositionsführer Raila Odinga warnt vor einem drohenden Bürgerkrieg in Kenia. "Es besteht zurzeit eine große Gefahr, denn im ganzen Land herrschen Unruhen. Viele Kenianer sehen die Demokratie bedroht", sagte Odinga der "Neuen osnabrücker Zeitung". Kenia müsse "eine Situation wie in der Elfenbeinküste im Jahr 2000 nach den Wahlen" vermeiden. Dort sei es nach gefälschten Wahlen ebenfalls zu Unruhen gekommen. "Die Wirtschaft der Elfenbeinküste ist vernichtet. Und es gibt dort immer noch einen Bürgerkrieg", warnte Odinga.

Einen offenen Bürgerkrieg hält Volker Greulich, Afrika-Referent bei Kolping International für eher unwahrscheinlich. Aber auch er sieht in Neuwahlen die einzige Möglichkeit zur Lösung der Staatskrise in Kenia. Die Kenianer seien vermutlich zu stolz für eine international überwachte Wahl. Die jetzt diskutierte Möglichkeit einer Übergangsregierung der nationalen Einheit, die eine Neuwahl vorbereitet, sei daher die beste Lösung für das Land, so Greulich.

Gemeinsame Übergangsregierung
Um den Konflikt zu lösen, schlug Oppositionsführer Odinga vor: "Wir bieten eine Übergangsregierung zwischen Kibakis und meiner Partei an. Die Koalition soll drei Monate dauern. Und in dieser Zeit muss eine Wiederholung der Präsidentenwahl vorbereitet werden." Abgerückt ist der Politiker von seiner Bereitschaft, eine Neuauszählung der Stimmen vorzunehmen - ein Vorschlag, den auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) unterbreitet hatte. Odinga: "Die Dokumente sind in den vergangenen Tagen gefälscht worden. Sie noch einmal auszuwerten, macht keinen Sinn."

Nach Odingas Worten müssten Verhandlungen mit dem offiziellen Wahlgewinner Mwai Kibaki unter den Augen eines internationalen Vermittlers ablaufen. Dafür kämen drei Persönlichkeiten in Frage: "Der frühere UNO-Generalsekretär Kofi Annan, Ghanas Präsident und zugleich Vorsitzender der Afrikanischen Union, John Kufuor, sowie der ehemalige Präsident von Sierra Leone, Tejan Kabbah."

Die Chancen auf eine friedliche Einigung seien zum jetzigen Zeitpunkt nicht abzuschätzenso der Afrika-Referent. auch die jetzige Staatskrise sei in diesem ausmaß nicht vorhersehbar gewesen.  Bei seinem letzten Besuch, während des kenianischen Wahlkampfs, hätte niemand geahnt, dass die Regierung so dreist den Wahlausgang manipulieren würde. Auf der anderen Seite sei die Regierung vom Umfang der Proteste überrascht worden. Zumindest Einige auf Seiten der Regierung seien nachdenklich geworden. So habe auch der Generalstaatsanwalt Neuauszählungen gefordert.

Entwicklungshilfe stoppen
Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) drohte mit einem Einfrieren der Hilfe, sollte es keine Annäherung zwischen den verfeindeten Parteien geben.

Der Westen habe finanziell keinen großen Einfluss auf Kenia, schätzt Greulich. Die Einstellung der Gelder hätte aber einen großen symbolischen Wert. Der Regierung in Kenia müsse signalisiert werden: "das was ihr jetzt gemacht habt, nämlich die Manipulation der Wahlen, das nehmen wir nicht hin.", so der Afrika-Referent.

Oppositionsführer Odinga zeigte sich von der deutschen Ankündigung, möglicherweise würden europäische Hilfe eingefroren, überrascht. "Das hätte schwerwiegende wirtschaftliche Konsequenzen für Kenia. Wenn das Geld ausfällt, könnten viele Entwicklungsprojekte nicht verwirklicht werden."

Lebensmittelhilfe in Kenia angekommen
Bevor über langfristige Projekte gestritten wird ist am Wochenende zunächst die dringend benötigte Soforthilfe für die fast 250.000 Menschen angelaufen, die sich in Kenia auf der Flucht befinden.

20 Lastwagen des UN-Welternährungsprogramm sind am Sonntag in der Hauptstadt Nairobi und in der westkenianischen Stadt Eldoret eingetroffen. Sie bringen dringend benötigte Lebensmittel.

WFP-Sprecher Marcus Prior sagte am Sonntag in einem Telefonat aus Eldoret, die meisten Flüchtlinge hätten ihre Dörfer überstürzt verlassen und nichts mitgenommen. "Deswegen brauchen wir besonders nährstoffreiche Lebensmittel aus Soja und Mais für Kinder, die 40 Prozent der Vertriebenen ausmachen und von Unterernährung bedroht sind."