Zum Tod von UNO-Generalsekretär Dag Hammarskjöld vor 60 Jahren

Ein Mystiker auf diplomatischem Parkett

Der Begriff "Staatsdiener" klingt heute antiquiert. Der frühere UNO-Generalsekretär Dag Hammarskjöld war mehr als das. Zugleich war sein internationaler Einsatz, der ihn das Leben kostete, getragen von tiefer Gläubigkeit.

Autor/in:
Angelika Prauß
Dag Hammarskjöld und Pius XII. / © KNA-Bild (KNA)
Dag Hammarskjöld und Pius XII. / © KNA-Bild ( KNA )

Die ungerechten Zustände in der Welt zum Guten zu wenden - nichts Geringeres hatte sich der erste UNO-Generalsekretär Dag Hammarskjöld zur persönlichen Aufgabe gemacht. Durch seinen aufopferungsvollen Einsatz gab er der Weltorganisation seine ganz eigene Prägung. Dieser bedingungslose Einsatz kostete ihn letztlich vor 60 Jahren das Leben. Hammarskjöld starb am 18. September 1961 auf dem Weg zu einer Friedensmission im Kongo bei einem Flugzeugabsturz.

Lange waren die Umstände von Hammarskjölds Tod ungeklärt. Erst Ende 2017 legten die Vereinten Nationen den Abschlussbericht einer neuen Untersuchung vor, wonach die Maschine ihres einstigen Generalsekretärs beim Landeanflug über Rebellengebiet von einem belgischen Söldner von einem zweiten Flugzeug aus abgeschossen worden sei. Seine Finger im Spiel hatte angeblich auch CIA-Chef Allan Dulles mit einer Anordnung, den "störenden Dag" zu eliminieren.

Verhandlungsstarker Politiker und Friedensstifter

Dag Hammarskjöld gilt damals als kühler, verhandlungsstarker Politiker und Friedensstifter im Auftrag der Vereinten Nationen. Aber er hat auch eine andere Seite; nach dem Tod des UN-Generalsekretärs wird eine Art geistliches Tagebuch von ihm gefunden. Darin offenbart er eine ganz andere Dimension seiner Persönlichkeit: eine tiefreligiöse Haltung, die mehr einem christlichen Mystiker als einem Top-Diplomaten entspricht. "Das einzig richtige Profil, das man von mir zeichnen könnte, ergeben diese Notizen", schreibt er darin.

Als jüngster von vier Söhnen des schwedischen Premierministers Hjalmar Hammarskjöld wird er am 29. Juli 1905 in eine religiöse Familie hineingeboren, die bereits viele herausragende Staatsbeamte, Bischöfe und Künstler hervorgebracht hat. Dag setzt die Familientradition fort, nach dem Studium der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften wird er zunächst Staatssekretär im Finanzministerium. Nach 1945 übernimmt er zunehmend diplomatische Aufgaben und wird 1951 stellvertretender schwedischer Außenminister. Schon jetzt ist er ein Verfechter der schwedischen Neutralitätspolitik.

Wahl zum UN-Generalsekretär

Zwei Jahre später wird der nur Insidern bekannte Schwede zum UN-Generalsekretär gewählt. Bald verleiht er der schwerfälligen Weltorganisation durch seine neutrale Linie mehr Autorität. Der neue UN-Generalsekretär engagiert sich für die Menschen in den armen Ländern des Südens und für den Erhalt des Friedens. Die Friedenstruppen mit den Blauhelm-Soldaten gehen auch auf ihn zurück. Statt zu warten, bis ein Konflikt eskaliert, setzt er auf vorausschauende Diplomatie und unblutige Lösungen.

In seinen knapp acht Amtsjahren macht er sich durch seine undogmatische Politik nicht nur Freunde. In der Kongo-Krise schickt Hammarskjöld UN-Truppen ins Land und versucht auch persönlich, zwischen den kämpfenden Parteien zu vermitteln. Im September 1961 reist der Diplomat zu erneuten Friedensgesprächen nach Nordrhodesien. Bei einem Nachtflug stürzt sein Flugzeug ab, Hammarskjöld stirbt. Wenige Monate später erhält er posthum den Friedensnobelpreis.

Aufzeichnungen im Nachlass offenbaren Gottverbundenheit

Beim Sortieren des Nachlasses findet ein Freund das Manuskript mit den tagebuchartigen Aufzeichnungen Hammarskjölds, das 1963 unter dem Titel "Zeichen am Weg" veröffentlicht wird. Nun wird deutlich, wie sehr sich der Politiker mit Gott verbunden wusste. "In seiner Hand hat jede Stunde einen Sinn", meditiert er seine persönliche Gotteserfahrung.

Als Sinn seines Lebens erkennt er den Dienst an der Gemeinschaft. Auch die UN ist für ihn in erster Linie Dienerin der Menschheit und dürfe sich nicht von Einzelinteressen beeinflussen lassen. Diesen Gedanken hatte er in den Schriften der mittelalterlichen Mystiker gefunden. Weitere Inspiration gaben ihm der Religionsphilosoph Martin Buber sowie Albert Schweitzer, mit denen er befreundet war.

"Dienen" und "Opfer" sind zwei Begriffe, die in Hammarskjölds Aufzeichnungen immer wieder auftauchen. Gerade zwischen den Fronten politischer Ideologien sah sich der Diplomat in der bewussten Christus-Nachfolge. Der Weltpolitiker gilt als eine der bedeutendsten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts.


Quelle:
KNA