Ordensfrau sitzt wegen Kirchenasyl auf der Anklagebank

Aus Glaubens- und Gewissensfreiheit gehandelt

In Würzburg sitzt am Mittwoch eine Ordensfrau auf der Anklagebank des dortigen Amtsgerichts, weil sie Kirchenasyl gewährte. Sie hatte zwei Frauen Schutz gewährt, als diese nach Italien abgeschoben werden sollten.

Symbolbild Kirchenasyl / © Markus Linn (KNA)
Symbolbild Kirchenasyl / © Markus Linn ( KNA )

Die Oberzeller Franziskanerin Juliana Seelmann hatte mit ihrer Gemeinschaft zwei Nigerianerinnen aufgenommen, als diese nach Italien abgeschoben werden sollten. Daher wird ihr Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt vorgeworfen. Zum Prozess kommt es, weil Seelmann einen Strafbefehl über 1.200 Euro nicht akzeptiert hatte.

Glaubens- und Gewissensfreiheit

Die 38-jährige Ordensfrau beruft sich darauf, dass sie aus Glaubens- und Gewissensfreiheit nicht anders handeln konnte. Den beiden 23- und 34-jährigen geflüchteten Frauen hätte in Italien erneut die Zwangsprostitution gedroht. Diese hätten sie bereits auf ihrer Flucht in dem europäischen Land erlebt. Zugleich betonte ihr Orden, dass man nur absolute Härtefälle ins Kirchenasyl aufnehme. Bei den beiden Nigerianerinnen hatte das Kirchenasyl der Verein Solwodi vermittelt, der sich um Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution kümmert.

Freispruch in einem ähnlichen Fall

Der Fall in Würzburg ist der zweite Prozess innerhalb weniger Wochen gegen einen Ordensangehörigen in Bayern. Ende April hatte sich der Münsterschwarzacher Benediktinermönch Abraham Sauer vor dem Amtsgericht Kitzingen wegen des gleichen Vorwurfs verantworten müssen. Die Richterin sah es zwar als erwiesen an, dass er die Tat begangen habe, sprach ihn jedoch frei, da er aufgrund der im Grundgesetz geschützten Glaubens- und Gewissensfreiheit ohne Schuld gehandelt habe. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, nachdem die Staatsanwaltschaft Würzburg angekündigt hatte, Rechtsmittel einzulegen.

Kirchenasyl

Beim sogenannten Kirchenasyl nehmen Gemeinden oder Ordensgemeinschaften vorübergehend Asylbewerber auf, um eine Abschiebung abzuwenden, weil diese für den Flüchtling eine Bedrohung an Leib und Leben darstellt. Schon aus dem vierten Jahrhundert ist bekannt, dass Flüchtlinge in Kirchen Schutz suchten.

Ein Schlafsack und ein Rucksack liegen auf einer Kirchenbank. Im Hintergrund steht ein Zelt. / © Harald Oppitz (KNA)
Ein Schlafsack und ein Rucksack liegen auf einer Kirchenbank. Im Hintergrund steht ein Zelt. / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA