Vor 30 Jahren töten Neonazis Amadeu Antonio Kiowa

Wegen seiner Hautfarbe zu Tode geprügelt

Knapp anderthalb Monate nach der Wiedervereinigung wurde der Angolaner Amadeu Antonio Kiowa eines der ersten Opfer rechtsextremer Gewalt im geeinten Deutschland. Die laxe Aufarbeitung seines Todes sorgte für Entsetzen.

Autor/in:
Denise Thomas
Kopfbedeckungen der Nazis / © Matthias Balk (dpa)
Kopfbedeckungen der Nazis / © Matthias Balk ( dpa )

Vor 30 Jahren wurde der Angolaner Amadeu Antonio Kiowa eines der ersten Opfer rassistisch motivierter Gewalt im wiedervereinigten Deutschland. Neonazis traten und schlugen den 28-Jährigen in der Nacht vom 24. auf den 25. November 1990 im brandenburgischen Eberswalde brutal zusammen. Selbst als er schon am Boden lag, traten sie weiter auf ihn ein, ein Angreifer sprang dem jungen Mann mit beiden Füßen auf den Kopf. Wenige Tage später, am 6. Dezember 1990, starb Kiowa in einem Krankenhaus an seinen schweren Verletzungen - ohne vorher je das Bewusstsein wiedererlangt zu haben.

Der gebürtige Angolaner aus Quimbele kam Ende der 1980er-Jahre als Vertragsarbeiter in die damalige DDR, wurde dort als Fleischer ausgebildet und arbeitete später in einem großen Fleischverarbeitungsbetrieb. Die deutsche Wiedervereinigung bedeutete für ihn auch Unsicherheit über die Gültigkeit seines zu DDR-Zeiten geschlossenen Arbeitsvertrages und seines Aufenthaltsstatus'. Kiowa lebte in Eberswalde, wo er auch seine Freundin, Gabi Schimanski, kennenlernte. Zum Zeitpunkt seiner Ermordung war diese hochschwanger mit ihrem ersten gemeinsamen Kind. Amadeu Antonio jr. lernte seinen Vater niemals kennen, er wurde knapp einen Monat nach dessen Tod geboren.

Auf dem Heimweg getötet

Am Abend des Angriffs feierte Kiowa gemeinsam mit anderen Gastarbeitern in einem Gasthof den Abschied mehrerer Arbeiter aus Mosambik. Zeitgleich versammelte sich eine Gruppe von Neonazis, die es wohl auf die Feiernden abgesehen hatte. Die Polizei wusste, wie sich später herausstellte, von der Versammlung der Neonazis. Doch als Kiowa und seine Begleiter auf dem Heimweg von der Gaststätte angegriffen wurden, schritten drei sich in der Nähe befindende Polizisten aus Angst vor der Gruppe nicht ein, wie sie später aussagten. Von dem Vorwurf der Unterlassung wurden sie dennoch vom Landgericht Frankfurt an der Oder freigesprochen.

Es war sowohl die Arbeit der Polizei als auch die der Justiz, die im Falle Amadeu Antonio Kiowa für Entrüstung sorgte. So wurden beispielsweise die Täter später wegen schwerer Körperverletzung mit Todesfolge, nicht aber - wie viele forderten - wegen Mordes verurteilt. Sie mussten maximal vierjährige Bewährungs- und Haftstrafen antreten, im Falle einer Verurteilung wegen Mordes wären die Strafen wesentlich höher ausgefallen. Der rechtsextreme Hintergrund des Hassverbrechens fand vor Gericht kaum Beachtung.

"Da muaß doch was gscheng"

In der politischen Öffentlichkeit sorgten das Hassverbrechen und vor allem das lasche Urteil des Frankfurter Gerichts für Entsetzen. So behandelt beispielsweise die Neuauflage der Ballade "Willy" des bayerischen Musikers Konstantin Wecker den brutalen Tod des jungen Mannes. Wecker singt in diesem Lied: "Der Antonio Amadeu Kiowa versteht die Welt nicht mehr und zittert und schreit, und Eberswalde schweigt dazu" und weiter "Da muaß doch was gscheng, da müaß ma doch was doa, alle miteinander".

Acht Jahre nach Kiowas Tod wurde im Gedenken an ihn die nach ihm benannte Amadeu Antonio Stiftung gegründet, die es sich nach eigener Aussage zum Ziel gesetzt hat, die deutsche Zivilgesellschaft gegen Antisemitismus, Rassismus und Rechtsextremismus zu stärken. Sie besteht noch heute und unterstützt beispielsweise Projekte gegen Rechtsextremismus. Außerdem erinnert eine Gedenktafel am Tatort selbst in Eberswalde stets an das Hassverbrechen an Kiowa.


Quelle:
KNA