Debatte um Umbenennung der Berliner Pacelliallee

Vatikan-Botschaft meldet sich zu Wort

In die Debatte um eine mögliche Umbenennung der nach dem früheren Papst Pius XII. benannten Pacelliallee in Berlin kommt weiter Bewegung. Nun hat sich die vatikanische Botschaft in der deutschen Hauptstadt mit deutlichen Worten geäußert.

Papst Pius XII. in Tuscolano / © Osservatore Romano/Romano Siciliani (KNA)
Papst Pius XII. in Tuscolano / © Osservatore Romano/Romano Siciliani ( KNA )

Die Apostolische Nuntiatur lehnt die Forderungen nach einer Umbenennung der nach dem früheren Papst Pius XII. (1939-1958) benannten Pacelliallee in Berlin ab.

"Mit Eugenio Pacelli, der von 1920 bis 1929 Apostolischer Nuntius im Deutschen Reich war und ab 1925 in Berlin die erste Apostolische Nuntiatur bezogen hatte, wurde ein herausragender Diplomat und ein unbedingter Freund Deutschlands und Berlins durch die Namensgebung der 'Pacelliallee' geehrt", sagte die vatikanische Botschaft am Dienstag in Berlin der Internetseite katholisch.de.

Petition von Historikern

Am Wochenende war eine Petition der beiden Berliner Historiker Ralf Balke und Julien Reitzenstein bekannt geworden, worin sie fordern, die im Stadtteil Dahlem gelegene Pacelliallee nach der bislang einzigen israelischen Ministerpräsidentin in Golda-Meir-Allee umzubenennen. Sie werfen Pacelli, wie Pius bürgerlich hieß, vor, er habe die Deportation von Juden in Italien unkommentiert geschehen lassen.

Unterstützung fand die Initiative beim Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, Felix Klein. Er sieht zugleich in der Umbenennungsdebatte eine Gelegenheit, "über das Verhalten der katholischen Kirche im Zweiten Weltkrieg und die Aufarbeitung nach 1945 eine breitere Debatte zu führen".

Die Botschaft ihrerseits erklärte, die Vorwürfe gegen Pacelli seien "hinlänglich bekannt". Sie trügen "lange schon Züge einer Kampagne" und es müsse ihnen widersprochen werden. "Wenn die Forderung erhoben wird, in Berlin keine Straße mehr nach Eugenio Pacelli zu benennen, weil er nicht 'vernehmlich genug' war, so ist das schlicht unseriös", erklärte die Nuntiatur. Sie verwies zudem auf eine Aussage der Politikerin Golda Meir nach dem Tod Pius XII. (1939-1958). Damals habe sie den Papst als denjenigen gewürdigt, "der in der Stunde der Not und der Verfolgung für unser Volk die Stimme erhoben hat".

Historiker Wolf gegen Umbenennung zum jetzigen Zeitpunkt

Der Münsteraner Kirchenhistoriker und Pacelli-Experte Hubert Wolf sprach sich unterdessen bei DOMRADIO.DE gegen eine Umbenennung zum jetzigen Zeitpunkt aus. Seit März hätten Historiker endlich Zugang zu den Akten aus dem Pacelli-Pontifikat.

"Endlich kann man all die Fragen stellen, die man an diesen Papst hat. Jetzt sollte man aber auch die Geduld aufbringen, zu sagen, lasst uns doch erst einmal die Themen historisch mit den Quellen sauber klären. Wenn das geschehen ist, dann kann man die Frage noch einmal neu stellen."

Die Kontroverse um die Rolle Pius XII. im Zweiten Weltkrieg besteht seit Jahrzehnten. Den Vorwürfen, dieser habe nicht energisch genug gegen den Holocaust protestiert, stehen dabei Hinweise auf diplomatische Initiativen und aktive Gegenmaßnahmen des Papstes gegenüber.

So öffnete Pius XII. während der deutschen Besatzung Italiens ab September 1943 viele kirchliche Einrichtungen in Rom für untergetauchte Juden und rettete so Tausende vor dem Zugriff der SS und der Gestapo. Kritiker warfen ihm vor, dass er den Völkermord nicht vor der Weltöffentlichkeit verurteilt und so als moralische Stimme versagt habe. Im vergangenen März gab der Vatikan die Aktenbestände aus dem Pontifikat des Pacelli-Papstes für die historische Forschung frei.


Quelle:
KNA
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