Israel einigt sich auch mit Bahrain auf Friedensvertrag

Diplomatische Umwälzung?

Wieder macht ein arabischer Staat seinen Frieden mit Israel. Treibende Kraft dahinter ist die Trump-Regierung. Doch es geht vor allem um Machtpolitik. Eine Lösung des Nahostkonflikts bleibt in weiter Ferne.

Autor/in:
Christoph Schmidt
Leere Straßen in Jerusalem / © Ilia Yefimovich (dpa)
Leere Straßen in Jerusalem / © Ilia Yefimovich ( dpa )

Steht der Nahe Osten vor einer diplomatischen Umwälzung? Einen Monat nach den Vereinigten Arabischen Emiraten hat sich auch Bahrain mit Israel auf einen Friedensvertrag geeinigt. Beide Länder wollen diplomatische Beziehungen aufnehmen, womit das Königreich am Golf den jüdischen Staat offiziell anerkennt. Dafür bekräftigt die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Aussetzung der geplanten Annexion palästinensischer Gebiete im Westjordanland.

Die Palästinenser sind über die Annäherung empört; auch der Iran und die Türkei reagierten am Wochenende zornig auf das Ausscheren eines weiteren islamischen Landes aus der Anti-Israel-Front. Nach Ägypten, Jordanien und den Emiraten ist Bahrain der vierte arabische Staat, der mit Jerusalem übereinkommt.

Trump: "Historischer Durchbruch"

Die beiden jüngsten Friedensschlüsse sind auf Drängen der USA zustande gekommen. Der Dialog zwischen Israel und Bahrain werde "die positive Transformation des Nahen Ostens fortsetzen und Stabilität, Sicherheit und Wohlstand in der Region steigern", betonten die drei Länder in einer gemeinsamen Bekanntmachung am Freitag.

"Ein weiterer historischer Durchbruch", kommentierte US-Präsident Donald Trump auf Twitter das Abkommen, das sein Schwiegersohn und Berater Jared Kushner bei einer Reise nach Bahrain Anfang September festgezurrt hatte. Schon am Dienstag sollen die Vertragswerke zwischen Israel und den beiden Golfstaaten im Weißen Haus unterzeichnet werden.

US-Präsident festigt Rückhalt bei proisraelischen Evangelikalen​

Sicher ist das Ergebnis für Trump zwei Monate vor der Präsidentschaftswahl ein diplomatischer Erfolg, der den zentralen Zielen seiner Nahostpolitik dient: nämlich Stärkung des wichtigsten regionalen Verbündeten Israel und Geschlossenheit des anti-iranischen Lagers.

Zugleich festigt der US-Präsident damit im Wahlkampf seinen Rückhalt bei den proisraelischen Evangelikalen und kann sich als Friedenspolitiker präsentieren - gerade auch mit Blick auf seinen demokratischen Vorgänger Barack Obama, der für die Lösung des Nahostkonflikts wenig zustandegebracht hat.

Oman bald ebenfalls zu Anerkennung Israels bereit?

In Bahrain, wo das sunnitische Königshaus über eine schiitische Bevölkerungsmehrheit herrscht, ist nicht nur die 5. US-Flotte stationiert. Der Zwergstaat ist wie die Emirate ein enger Bundesgenosse der sunnitischen Regionalmacht Saudi-Arabien.

Ohne stilles Einverständnis der Saudis wären die jüngsten Vereinbarungen mit Jerusalem wohl nicht vorstellbar. Glaubt man Trumps vollmundigen Bekundungen, könnten die Machthaber in Riad wie auch der Oman in Kürze sogar ebenfalls zu einer Anerkennung Israels bereit sein. Die machtpolitische Rivalität der Saudis mit dem schiitischen Iran würde das noch einmal vertiefen.

Handelspolitisches Interesse von beiden Seiten

Israels Ministerpräsident Netanjahu sprach derweil in einer Videobotschaft von einer "neuen Ära des Friedens". Von dem Vertrag mit dem Ölproduzenten und Bankenzentrum Bahrain verspricht er sich "große Investitionen in Israels Wirtschaft". Dies sei "sehr wichtig".

Schon nach der israelisch-emiratischen Einigung vor einem Monat vermuteten Beobachter, dass beide Seiten dabei vor allem handelspolitische Interessen im Blick hatten. Bahrains König Hamad bin Isa Al Khalifa mahnte am Wochenende aber auch zu einem "gerechten und dauerhaften Frieden zwischen Israelis und Palästinensern auf der Basis der Zwei-Staaten-Lösung".

Türkei kritisiert Bahrains Entscheidung

Doch die palästinensische Autonomiebehörde sieht in dem Abkommen nur einen weiteren "Betrug an Jerusalem, der Al-Aqsa-Moschee und der palästinensischen Sache". Die Führung der Hamas-Miliz im Gazastreifen sprach von einem "Dolchstoß in den Rücken des palästinensischen Volkes und Schritt gegen die Interessen der Araber und Muslime". Die sunnitischen Islamisten dürften die verstärkte Zusammenarbeit mit der schiitischen Hisbollah-Miliz und die jüngsten Hilfsappelle an den Iran nun noch ausweiten.

Aus Teheran hieß es am Samstag, Bahrain sei nun "Partner der Verbrechen des zionistischen Regimes". Auch die türkische Regierung, deren Chef Erdogan die Hamas inzwischen als Partner behandelt, kritisierte Bahrains Entscheidung scharf: "Sie wird Israel weiter ermutigen, sein illegitimes Vorgehen gegen die Palästinenser fortzusetzen."

Maas: "Weiterer wichtiger Schritt"​

Aus dem mit Saudi-Arabien verfeindeten Katar twitterte der einflussreiche Religionsgelehrte Ali al-Qaradaghi eine wütende Schelte: Die Muslime müssten Palästina "mit all unseren Kräften zur Seite stehen", so der Generalsekretär der Internationalen Union Muslimischer Gelehrter. Offenbar hat Trumps Vermittlungsoffensive bisher nur das islamische und arabische Lager im Nahostkonflikt weiter gespalten und Irans Rolle als vermeintlichen Freund der Palästinenser aufgewertet. Damit treibt er sie zwar weiter in die Enge, aber vorerst nicht zurück an den Verhandlungstisch.

Völlig passiv und außen vor erscheinen in diesem US-dominierten Spiel die Europäer. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) erklärte, die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Israel und Bahrain sei ein "weiterer wichtiger Schritt". Er sei zuversichtlich, dass davon Impulse im Friedensprozess ausgehen könnten. Welche das sein könnten, ließ er offen.


Donald Trump, Präsident der USA, spricht während einer Wahlkampfveranstaltung / © Jose Juarez/AP (dpa)
Donald Trump, Präsident der USA, spricht während einer Wahlkampfveranstaltung / © Jose Juarez/AP ( dpa )

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu / © Dan Balilty (dpa)
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu / © Dan Balilty ( dpa )

Außenminister Heiko Maas (SPD) / © Bernd von Jutrczenka (dpa)
Außenminister Heiko Maas (SPD) / © Bernd von Jutrczenka ( dpa )
Quelle:
KNA