Prozessbeginn in Spanien gegen angeklagte Jesuiten-Mörder

Vermutliche Täter vor Gericht

Vor gut 30 Jahren erschütterte ein Blutbad an Jesuiten in El Salvador die katholische Welt. Nach so vielen Jahren will nun Spaniens Justiz die mutmaßlichen Drahtzieher zur Rechenschaft ziehen.

Blick in einen Gerichtssaal / © corgarashu (shutterstock)
Blick in einen Gerichtssaal / © corgarashu ( shutterstock )

Seit Jahren hat Juan Jose Tamayo auf diesen Tag gewartet. Seit langem versuchen der spanische Theologe und seine Vereinigung für Menschenrechte (APDHE), die Verantwortlichen am Massaker an sechs Jesuiten in El Salvador zur Rechenschaft zu ziehen. Nun begann am Montag in Madrid der Gerichtsprozess gegen den ersten von zwei ehemaligen Militärs, die direkt an der Ermordung der Jesuitenpater beteiligt gewesen sein sollen.

Hauptangeklagter ist der Ex-General und Vize-Verteidigungsminister von El Salvador Inocente Montano. Laut der spanischen Staatsanwaltschaft soll er einer der "geistigen Urheber" des Massakers gewesen sein. 150 Jahre Haft fordert sie für Montano, der angeblich für die Planung und Durchführung des Attentats verantwortlich war.

Kaltblütiger Mord in Schlussphase des Bürgerkriegs

Der kaltblütige Mord sorgte vor gut 30 Jahren weltweit für Entsetzen. Am 16. November 1989 stürmte eine Todesschwadron der Streitkräfte im Morgengrauen das Gelände der Zentralamerikanischen Universität UCA in der Hauptstadt San Salvador. Hier unterrichteten auch die fünf ermordeten spanischen Jesuiten, unter denen sich Soziologen, Theologen und Philosophieprofessoren befanden.

Es war die Schlussphase des Bürgerkriegs, und die Jesuiten waren der rechten Militärdiktatur als Menschenrechtsaktivisten und Sympathisanten der linken Rebellen ein Dorn im Auge. Vor allem ihr Wortführer Ignacio Ellacuria. "Er hielt mit seiner Kritik an den Menschenrechtsverletzungen des Militärs nicht zurück, hatte großen medialen Einfluss und eine bedeutende Stimme in der Öffentlichkeit", erinnert sich der 73-jährige Theologieprofessor Juan Jose Tamayo im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Tamayo, der bereits mehrere Bücher über Ellacuria veröffentlichte und als Gastprofessor selbst an der UCA unterrichtet, spricht von einem "brutalen, politisch motivierten Auftragsmord". Das Tötungskommando holte die Jesuiten aus den Betten, schleifte sie nach draußen und erschoss sie dort kaltblütig auf einem Rasenstück. Um keine Zeugen zurückzulassen, wurden auch die Haushälterin der Jesuiten und deren damals erst 15-jährige Tochter hingerichtet. Bislang wurde nur ein einziger Militär für die Bluttat zur Verantwortung gezogen.

Neue Regierung schützte täter mit Amnestiegesetz

Nach dem Bürgerkrieg wurde das zentralamerikanische Land zwar zur Demokratie; die regimefreundlichen Kräfte blieben aber an der Macht. So verabschiedete die Regierung 1993 direkt ein Amnestiegesetz, mit dem auch die am Jesuiten-Massaker beteiligten Militärs geschützt wurden. Erst 2016 wurde dieses Gesetz für verfassungswidrig erklärt. Aber: "Es geht um Gerechtigkeit für die Familien und darum, die Würde der Ermordeten wiederherzustellen", sagt der Nebenkläger Tamayo.

El Salvador hatte sich - trotz der Aufhebung des Amnestiegesetzes - lange geweigert, die beschuldigten Militärs an Spanien auszuliefern, erklärt Tamayo. Doch Spanien stellte einen internationalen Haftbefehl gegen Ex-General Montano, als dieser sich gerade in den USA befand. Nach Jahren juristischer Streitigkeiten wurde er 2017 schließlich nach Spanien überstellt, wo er seitdem in Untersuchungshaft sitzt.

Eigentlich hätte der Prozess Mitte April beginnen sollen, musste aber wegen der Corona-Pandemie verschoben werden. Montano gestand dem spanischen Untersuchungsrichter bereits seine Beteiligung an der Straftat ein. Am Montag plädierte sein Verteidiger jedoch zum Auftakt für eine Aussetzung des Prozesses, da die Verbrechen verjährt seien.

"Viele der damals Veranwortlichen leben ungeschoren"

Montano trug vor Gericht am Montag eine blaue Gesichtsmaske und einen weiß-grau-gestreiften Pullover. Er wirkte ruhig, fast unbesorgt. Theologe Tamayo und seine Menschenrechtsorganisation APDHE hoffen, dass er nicht ungestraft davonkommen wird. "Hoffentlich sorgen der Prozess und eine Verurteilung dafür, dass das Verfahren auch in El Salvador wiederaufgenommen wird - denn viele der damals verantwortlichen Militärs leben heute noch ungeschoren in ihrer Heimat."

Von Manuel Meyer 


Quelle:
KNA
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