Flüchtlings-Aufnahme: Kommunen stellen sich gegen Landesregierung

"Keine Privilegierung einzelner Gruppen"

Über den Umgang mit geretteten Bootsflüchtlingen ist in NRW eine Diskussion entbrannt: Integrationsminister Stamp stellt sich gegen die zusätzliche Aufnahme aus Seenot Geretteter. Köln und Düsseldorf signalisieren weiterhin die Bereitschaft dazu.

NRW-Regierung gegen Initiative zur Aufnahme von Bootsmigranten / © Chanintorn.v (shutterstock)
NRW-Regierung gegen Initiative zur Aufnahme von Bootsmigranten / © Chanintorn.v ( shutterstock )

Die ablehnende Haltung der NRW-Landesregierung zur Aufnahme von Bootsflüchtlingen über die festgelegten Verteilungsquoten hinaus stößt bei Städten des Bündnisses "Sichere Häfen" auf Kritik. Die Städte Köln und Düsseldorf sprachen sich am Montag dafür aus, nicht-staatliche Seenotrettungsorganisationen zu unterstützen und Staaten, in denen Geflüchtete ankommen, nicht mit der Aufnahme und Unterbringung der Menschen alleinzulassen. Die Seenotrettung dafür verantwortlich zu machen, dass Menschen die lebensgefährliche Reise über das Mittelmeer auf sich nehmen, bezeichnete der Düsseldorfer Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) als "absurd".

Köln und Düsseldorf kritisieren Haltung Stamps 

Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) hatte dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Montag) gesagt: "Wer Bootsflüchtlinge bevorzugt aufnimmt, provoziert, dass sich noch mehr Menschen in Hoffnung auf ein besseres Leben auf die Lotterie um Leben und Tod im Mittelmeer einlassen." Die schwarz-gelbe Landesregierung bekenne sich zwar zur humanitären Verantwortung bei der Aufnahme von Flüchtlingen. Es müsse aber klar sein, "dass es in den Asylverfahren keine Privilegierung einzelner Gruppen geben kann".

Die Stadt Köln teilte auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) mit, an der Haltung von Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) zur Aufnahme von Flüchtlingen habe sich nichts geändert.

Treffen des Bündnisses "Sichere Häfen" am Mittwoch 

Köln und Düsseldorf gehören zu einem bundesweiten Bündnis von 120 Städten, die aus Seenot gerettete Menschen unkompliziert aufnehmen wollen. Bei einem Treffen mit anderen Vertretern des Bündnisses "Sichere Häfen" solle am Mittwoch auch über die Aufnahme minderjähriger Geflüchteter aus Griechenland gesprochen werden, hieß es aus Köln.

Über die Aufnahme Geflüchteter entscheide allerdings letztlich allein die Bundesregierung, räumte die Stadt Köln ein. Die Kommunen könnten lediglich Aufnahmebereitschaft signalisieren. Der Düsseldorfer Oberbürgermeister Geisel sagte dem epd: "Mindestens sollte es die Bundesregierung ermöglichen, dass Bundesländer oder noch besser Kommunen, die dazu bereit sind, Geflüchtete aufzunehmen und ihnen ein Asylverfahren zu ermöglichen, dies machen dürfen."

Schere zwischen Worten und Taten

Die Arbeiterwohlfahrt Niederrhein kritisierte ebenfalls die Äußerungen Stamps. "Der Integrationsminister bekennt sich in Sonntagsreden immer zur humanitären Verantwortung, aber sein konkretes Handeln lässt Zweifel an der Ernsthaftigkeit dieser Aussage zu", kritisierte die AWO-Bezirksvorsitzende Britta Altenkamp. Es sei nicht belegbar, dass die Aufnahme Geflüchteter aus dem Mittelmeer mehr Menschen zu der lebensgefährlichen Flucht bewege.

Die Linken in NRW warfen dem Integrationsminister vor, er wolle sich mit Blick auf die Kommunalwahlen im September am rechten Rand positionieren und dort nach Stimmen fischen. "Solch ein Verhalten hat man bisher eher bei Werte-Union und AfD gesehen", sagt der migrationspolitische Sprecher der Partei, Jules El-Khatib. Stamp negiere, "dass die Mehrheit der Bevölkerung in NRW dem Sterben im Mittelmeer nicht tatenlos zusehen will".

Das Bündnis "Sichere Häfen", dem 16 nordrhein-westfälische Städte und Gemeinden angehören, stellt sich nach eigenen Angaben gegen "die Abschottungspolitik Europas" und will mehr Menschen ein sicheres Ankommen ermöglichen. Einige Städte wie Köln, Bonn, Dortmund und Münster haben sich bereit erklärt, aus Seenot gerettete Menschen zusätzlich zu ihrer Verteilungsquote aufzunehmen.


Joachim Stamp / © Guido Kirchner (dpa)
Joachim Stamp / © Guido Kirchner ( dpa )
Quelle:
KNA