Trump startet offiziell Kampagne für seine Wiederwahl

Welche Rolle spielen christliche Werte?

Donald Trump will weitere vier Jahre im Weißen Haus bleiben. Mit einer Großkundgebung in Florida hat der Präsident nun offiziell seine Mission zur Wiederwahl eingeläutet. Christliche Themen könnten bei der Wahl ein Zünglein an Waage spielen.

Trump startet offiziell die Kampagne für seine Wiederwahl 2020 / © Evan Vucci (dpa)
Trump startet offiziell die Kampagne für seine Wiederwahl 2020 / © Evan Vucci ( dpa )

DOMRADIO.DE: Rund 20.000 Menschen waren bei Trumps Wahlkampfauftakt im Amway Center in Orlando (Florida) mit dabei. Es wurden Schilder wie "Keep America great again" hochgehalten. Für seine Anhänger scheint es ja nur einen Retter der Nation zu geben, oder?

Prof. Dr. Michael Hochgeschwender (Katholischer Theologe und Professor für nordamerikanische Kulturgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München): Ja. Das ist ein Bild, das er von sich systematisch aufgebaut hat und das seine Anhänger nun seit dem Wahlkampf von vor drei Jahren auch glauben. Insofern hängen sie sehr intensiv an seiner Person, zumal er ja vorher schon eine Medienpersönlichkeit war. Darauf konnte er immer aufbauen.

DOMRADIO.DE: Donald Trump hat sogar Anhänger in Gruppen, gegen die er eigentlich vorgeht. Latinos zum Beispiel. Breite Unterstützung bekommt er von den konservativen Christen. Hat Trump die Wahlversprechen für diese Gruppe eingehalten?

Hochgeschwender: In Teilen ja. Vor allen Dingen, wenn es um die Richter am Supreme Court geht. Das war die große Hoffnung der Evangelikalen und auch konservativer Katholiken, dass hier konservative Richter ernannt werden. Und genau das hat er getan.

DOMRADIO.DE: Der Streit um das Recht auf Abtreibung scheint die Christen in den USA zu spalten. Steht und fällt damit Trumps Wiederwahl?

Hochgeschwender: Nicht notwendigerweise. Ich glaube, dass ökonomische Fragen sehr viel wichtiger sind als die Abtreibungsfrage. Obwohl die Abtreibungsfrage in den letzten Wochen wieder stark nach vorne gekommen ist. Vor allen Dingen, weil beide Seiten jetzt gesetzgeberische Vorhaben eingebracht haben, die zumindest problematisch sind.

Auf demokratischer Seite sind dies Gesetze zur Spätabtreibung, zum Teil sogar zur Legalisierung der Tötung von Kindern, die nach einer Abtreibung überlebt haben. Auf der anderen Seite haben die Republikaner versucht, die geltenden Abtreibungsregelungen zu verschärfen – wie etwa in Georgia.

DOMRADIO.DE: Wie groß ist überhaupt die Menge, die Trump wählt – bei mehr als 145 Millionen Wahlberechtigten?

Hochgeschwender: Er hat einen harten Kern von etwa 35 Prozent der Amerikaner, die auf Gedeih und Verderb hinter ihm stehen. Sein Problem ist, dass er nur wenig darüber hinauskommt. Er muss irgendwie versuchen, mehr als diese 35 Prozent im Laufe der Zeit zu gewinnen.

Wenn man sich die Umfragen ansieht, dann hängt ihn etwa Joe Biden (Präsidentschaftskandidat der Demokraten, Anm. d. Red.) zurzeit deutlich ab. Das heißt im Moment noch nichts, weil der Wahlkampf gerade erst begonnen hat. Aber Trump muss sich bemühen, in irgendeiner Art und Weise über seine Kernwählerschaft hinaus Wähler zu gewinnen.

DOMRADIO.DE: Wie realistisch schätzen Sie es denn ein, dass Joe Biden die Wahl für sich entscheiden könnte?

Hochgeschwender: Joe Biden ist mit Sicherheit ein sehr, sehr starker Gegenkandidat. Das strukturelle Problem, vor dem die Demokraten stehen, ist das Problem des amerikanischen Wahlsystems. Das heißt, jetzt zerlegen sich die Demokraten erst einmal selbst. 24 Wahlkandidaten sind vorhanden und die werden sich gegenseitig an die Gurgel gehen. Sie werden alle Schwächen ihres Gegners herausarbeiten. Das heißt, jeder Kandidat geht schon geschwächt gegen den Präsidenten in den Wahlkampf.

Das Interview führte Julia Reck.


Donald Trump und seine Frau Melania beim Wahlkampfauftakt im Amway Center in Orlando / © Evan Vucci (dpa)
Donald Trump und seine Frau Melania beim Wahlkampfauftakt im Amway Center in Orlando / © Evan Vucci ( dpa )
Quelle:
DR