Misereor warnt vor einseitigem Blick auf Westafrika

Einordnung der Merkel-Reise

Zum Abschluss der Sahel-Visite von Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert das Hilfswerk Misereor einen Kurswechsel in der deutschen Afrikapolitik. Neben Lob gab es aber auch Kritik an der Motivation des Besuchs der Kanzlerin.

Kanzlerin Merkel in Afrika / © Michael Kappeler (dpa)
Kanzlerin Merkel in Afrika / © Michael Kappeler ( dpa )

Misereor-Geschäftsführer Martin Bröckelmann-Simon begrüßte am Freitag gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Aachen, dass Merkel mit Burkina Faso, Mali und Niger drei fragile Staaten der Sahel-Region besuchte.

"Allerdings wird man den Eindruck nicht los, dass die Reise vorrangig motiviert war durch europäische Migrations- und Sicherheitsfragen."

Eine einseitige Fixierung auf Migrationsabwehr habe große Auswirkungen auf das Leben der Bevölkerung und vernachlässige deren eigentlichen Bedürfnisse, warnte Bröckelmann-Simon. Wenn nun auf Drängen der EU die Grenzkontrollen verstärkt würden, sei die in der gesamten Region traditionelle Binnenmigration massiv gefährdet. Für die Einwohner der Sahel-Region gehöre die "freie Zirkulation von Menschen und Waren" jedoch seit langer Zeit zur Existenzgrundlage.

Indem man dies erschwere, werde auch die wirtschaftliche Entwicklung der Länder in der westafrikanischen Wirtschaftsunion ECOWAS beeinträchtigt.

Dreitägige Afrika-Reise beendet

An diesem Freitag endet Merkels dreitägige Afrika-Reise nach Burkina Faso, Mali und Niger. Alle drei Nachbarstaaten leiden unter politischen Krisen und wachsender Gewalt durch islamistische Terrororganisationen.

In Mali versuchen die Vereinten Nationen mit der Mission MINUSMA seit 2013, die Lage zu stabilisieren. In Burkina Faso kam es vor wenigen Tagen zu einem Überfall auf eine protestantische Kirche. Dabei wurden mehrere Menschen getötet. Auch im Niger nehmen die Spannungen seit längerem zu. Das Land stieg unterdessen zu einem wichtigen Partner der EU bei der Eindämmung sogenannter illegaler Migration nach Europa auf.

Ein Teil der Sicherheitsprobleme sei Ergebnis des internationalen Militäreinsatzes in Libyen 2011, sagte der Misereor-Geschäftsführer.

Mit dem Sturz von Diktator Muammar al-Gaddafi "wurden dessen Waffenkammern geöffnet. Mit diesen Waffen wurde in der Folgezeit die gesamte Region geflutet". Frieden und Stabilität hingen nun auch von schwieriger ziviler Konfliktbearbeitung ab, so Bröckelmann-Simon. Er forderte die Bundesregierung auf, ihre afrikapolitischen Leitlinien zu ändern.

Langfristige Entwicklungsprojekte fördern

Nötig sei die Abkehr von einer zu einseitigen Ausrichtung auf "Reformchampions" und wirtschaftlich aufstrebende Länder. Stattdessen müssten auch fragile Staaten unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft und der Religionsgemeinschaften besser unterstützt werden.

Vor diesem Hintergrund gelte es, langfristige Entwicklungsprojekte zu fördern, Menschenrechte zu schützen und etwa in den Kampf gegen die Folgen des Klimawandels zu investieren, von denen die Sahel-Region in besonderer Weise betroffen sei, sagte Bröckelmann-Simon. Der Misereor-Geschäftsführer weiter: "Dafür muss der Etat des Entwicklungsministeriums nicht wie ab 2020 geplant gekürzt, sondern weiter erhöht werden."

 

 Martin Bröckelmann-Simon / © Wolfgang Radtke (KNA)
Martin Bröckelmann-Simon / © Wolfgang Radtke ( KNA )
Quelle:
KNA