Politisches Dauerthema des Jahres bleibt auch 2019 erhalten

Immer wieder Migration, immer wieder Seehofer

Seit Jahren beherrschen die Themen Flüchtlinge, Asyl und Integration die Schlagzeilen. Es sieht nicht so aus, als ob sich daran bald etwas ändern würde. Und das liegt nicht nur an der AfD.

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge / © Daniel Karmann (dpa)
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge / © Daniel Karmann ( dpa )

Ende 2018 standen in der Migrationspolitik gleich mehrere historische Beschlüsse an: Die große Mehrheit der Staaten stimmte im Dezember nach wochenlangen Debatten für die beiden globalen Pakte zu Migration und zu Flüchtlingen. 

Auch Deutschland war dabei. Und erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik verabschiedete das Kabinett kurz vor Weihnachten einen Entwurf für ein Einwanderungsgesetz - wenn auch zunächst nur für Fachkräfte.

Großer Zankapfel: Beschäftigungsduldung

So viel mit diesen Entscheidungen schon erreicht wurde, so viel steht noch an: Die UN-Pakte wollen mit Leben gefüllt und umgesetzt werden - notfalls wohl auch gegen den Widerstand von Ländern wie den USA und Ungarn, die sie ablehnen. Beim geplanten Einwanderungsgesetz, das 2019 erst noch durch Bundestag und Bundesrat geht, muss sich die Wirkung ebenfalls erst erweisen.

Unionspolitiker haben unterdessen schon einmal Änderungswünsche zu dem Entwurf angemeldet. Insbesondere der vorgesehene neue Status für Geduldete, die integriert sind und einen Job haben, dürfte noch für Konflikte sorgen.

Die sogenannte Beschäftigungsduldung - unter dem Stichwort "Spurwechsel" eines der heißen Eisen des Jahres 2018 - war schon auf dem Weg zum Gesetzentwurf der größte Zankapfel. Am Ende wurde sie in einen eigenen Entwurf ausgegliedert - eine rein symbolische Geste an Unionspolitiker, die auf eine klare Trennung zwischen Asyl- und Erwerbsmigration pochen.

Heiß diskutiert: Obergrenze für Zuwanderung

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) wirkte bei der Vorstellung des Einwanderungsgesetzes fast gelöst. Dabei hatte er - neben der AfD - einen großen Anteil daran, dass das Thema Migration weiterhin die Schlagzeilen beherrscht. Seine Äußerung von der Migration als "Mutter aller Probleme" rief scharfe Kritik und scharfen Spott hervor.

Schon Anfang 2018 bestimmte der Streit um eine vor allem von der CSU geforderte Obergrenze für Zuwanderung die Koalitionsverhandlungen von Union und SPD. Am Ende einigte man sich auf einen "Korridor" von 180.000 bis 220.000 Schutzsuchende, die maximal kommen sollten. Es gehört zu den besonderen Pointen, dass 2018 unterm Strich wohl nur rund 164.000 Menschen über das Asylrecht zuwandern werden.

Manches, was in den vergangenen Monaten hochkochte, wirkt im Rückblick doch etwas zu heiß diskutiert. Von dem im April aufkommenden vermeintlichen "Skandal" um die Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge blieb am Ende nur noch wenig übrig.

Abkommen mit EU-Ländern blieben symbolisch

Im Frühsommer führte Seehofer mit einem Streit ums Asylrecht beinahe die Union wie auch die junge Wiederauflage der großen Koalition zum Zusammenbruch. Im Ergebnis fing der Minister an, mit Griechenland, Italien und Spanien über Abkommen zu verhandeln, um Flüchtlinge schnell wieder dorthin zurückzuführen. Auch hier blieb die Wirkung vor allem symbolisch.

Horst Seehofer / © Michael Kappeler (dpa)
Horst Seehofer / © Michael Kappeler ( dpa )

Mit Italien wurde bislang nicht mal ein Abkommen geschlossen. Im Innenministerium geht man längst von einem "Nullsummenspiel" aus, da die Regierung in Rom im Gegenzug Bootsflüchtlinge nach Deutschland abgeben möchte.

Im Juli legte der Innenminister einen sogenannten Masterplan Migration mit 63 Punkten vor. Dieser enthielt langfristige Ziele wie die Verbesserung der Lage in Herkunftsländern und auch kurzfristige wie die inzwischen bereits erfolgte Einrichtung sogenannter Ankerzentren für möglichst schnelle Asylverfahren. Und auch dicke Bretter wie ein gemeinsames europäisches Asylsystem soll die Politik danach angehen.

Kirchen kritisieren Hürden bei Familiennachzug

Zwei Neuerungen aus dem Hause Seehofer sorgten indes ab August für Unmut: Ein Erlass zum Kirchenasyl rief die Kirchen auf den Plan. Sie kritisierten zusätzliche Hürden, die zulasten der Schutzsuchenden gingen. Und die zeitgleiche Wiedereinführung des Familiennachzugs für Angehörige von Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutzstatus wurde zwar prinzipiell befürwortet, allerdings dessen eingeschränkte und bürokratische Umsetzung deutlich beklagt.

Als nächstes will Seehofer mehrere Vorhaben umsetzen, sofern er nach seinem Abtritt als CSU-Chef noch Minister bleibt: Die Ausreisepflicht soll besser durchgesetzt, Asylklageverfahren beschleunigt und der Austausch von Daten verbessert werden. 

Neben der Fachkräftezuwanderung könnten dies strittige Punkte der kommenden Monate werden. Auch das Thema sichere Herkunftsstaaten bleibt zunächst auf der Tagesordnung. Geplant ist, Algerien, Marokko und Tunesien sowie Georgien dazu zu erklären.

Debatte um Abschiebungen 

Die Debatte um Abschiebungen könnte 2019 noch einmal deutlich an Fahrt aufnehmen. Die Bundesländer dringen darauf, stark straffällig gewordene Ausländer schneller und dann auch dauerhaft des Landes verweisen zu können. Ähnlich hatte sich jüngst auch Grünen-Chefin Annalena Baerbock geäußert, als sie bei Abschiebungen einen Vorzug von Straftätern forderte.

Von Alexander Riedel

Migration in Zahlen

Die EU-Grenzschutzagentur Frontex hat von Januar bis Ende November 2017 etwa halb so viele illegale Grenzübertritte auf den vier wichtigsten Migrationsrouten Richtung Europa registriert wie im Vorjahreszeitraum. Besonders auf der zentralen Mittelmeerroute von Libyen nach Italien halbierte sich die Zahl der ankommenden Migranten zwischen Juni und Juli in Italien von 24.800 auf 10.160. In Spanien hingegen kamen mehr Migranten an. Zwischen Januar und November 2017 registrierte Frontex 21.100 illegale Grenzübertritte in Spanien. Das sind 140 Prozent mehr als im Zeitraum 2016.

UN-Konferenz zum Migrationspakt in Marrakesch am 10. Dezember 2018. / © Michael Kappeler (dpa)
UN-Konferenz zum Migrationspakt in Marrakesch am 10. Dezember 2018. / © Michael Kappeler ( dpa )
Quelle:
KNA