Politikberater analysiert US-Zwischenwahlen

Vor allem Frauen erteilen Trump Denkzettel

Bei den Midterms in den USA haben die Republikaner die Mehrheit im Repräsentantenhaus verloren. Das Regieren wird für Donald Trump in Zukunft schwerer, sagt der US-Experte Julius van de Laar. Dies habe er vor allem Frauen zu "verdanken".

Donald Trump / © Evan Vucci (dpa)
Donald Trump / © Evan Vucci ( dpa )

DOMRADIO.DE: Gibt es bei diesen Midterms, den Kongresswahlen in den USA, überhaupt klassische Verlierer und Gewinner? Oder haben beide Parteien gewonnen?

Julius van de Laar (Politikberater und US-Experte): Ich würde auf jeden Fall argumentieren, dass die Demokraten zugelegt und das Repräsentantenhaus für sich zurückerobern konnten. Aber auch Donald Trump konnte sicherstellen, dass der Senat in republikanischer Hand bleibt. Insofern gibt es beides: Gewinner, aber eben auch Verlierer.

DOMRADIO.DE: Die Kongresswahlen in den USA sind traditionell eine Art Abrechnung mit der Politik des Präsidenten. Hat Donald Trump jetzt zwei Jahre nach seiner Wahl einen Denkzettel bekommen?

van de Laar: Das ist wirklich das Spannende, denn "Donald Trump" stand ja auf keinem Stimmzettel drauf. Nichtsdestotrotz war es ein Referendum über Donald Trump, weil er es natürlich auch zu einem Referendum über sich selber gemacht hat. Normalerweise geht es bei Kongresswahlen auch um lokale Themen, um die Themen aus den unterschiedlichen Wahlkreisen der Kongressabgeordneten.

Stattdessen hat Trump gesagt, er möchte, dass über Migration verhandelt wird und zum Beispiel der Bau der Mauer erneut mit auf die Agenda kommt. Damit ist er die letzten 48 Stunden vor der Wahl durch die Bundesstaaten gereist und hat noch einmal extrem polarisiert. Insofern ist klar, dass es auch eine Abrechnung mit dem Präsidenten war – und die ist, glaube ich, auch einschlägig.

DOMRADIO.DE: Er hat ja sogar gesagt, dass er so tut, als wäre sein Name auf dem Stimmzettel. Die Demokraten haben das Repräsentantenhaus nun zurückerobert. Was bedeutet das für US-Präsident Trump?

van de Laar: Eine geteilte Regierung. Trump kann nicht mehr weiterregieren wie zuvor. Er hatte beide Kammern und konnte im Endeffekt sagen, was Trumpf ist. Jetzt muss er mit Nancy Pelosi, der Anführerin der Demokraten, auch zusammenarbeiten. So ist im Endeffekt die Regierung aufgeteilt. Das Weiße Haus kann natürlich die Richtung bestimmen, aber der Kongress, und wie gesagt Nancy Pelosi auf Seiten der Demokraten, hat im Endeffekt die Hand auf dem Geldbeutel. Sie kann bestimmen, wofür sie Geld ausgibt, ob es ein Infrastrukturgesetz gibt oder zum Beispiel die Mauer gebaut werden soll oder nicht.

Das sind natürlich Dinge, die die Demokraten in der Hand haben, gleichzeitig aber auch – und das wird spannend für Trump – sind die Demokraten mit deutlich besseren Mitteln und Instrumenten ausgestattet. Sie können jetzt zum Beispiel auch Vorladungen ausprechen oder Dokumente einsehen. Sie haben deutlich mehr Macht, die sie vorher noch nicht hatten. Sie können ihm also das Leben schwer machen. Insofern gehe ich davon aus, dass Donald Trump die nächsten zwei Jahre sehr viel "Verteidigung" spielen wird und sich immer wieder behaupten muss, weil die Demokraten ihn auch ein bisschen vor sich hertreiben werden.

DOMRADIO.DE: Positiv nach diesem Wahltag ist die Wahlbeteiligung, die höher liegt als in den Vorjahren. Wie erklären Sie sich das?

van de Laar: Im Gegensatz zum Jahr 2014 sind 19 Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner mehr bei den Midterms wählen gegangen, es gab einen wirklich gigantischer Ansturm auf die Wahllokale. Das ist erstmal sehr positiv zu betrachten. Ich glaube, die extreme Polarisierung und natürlich auch dementsprechend die Mobilisierung hat dazu geführt.

Auf der einen Seite war es natürlich eine extreme Abrechnung von den Demokraten, die sagen konnten "Geht jetzt wählen" und lasst es uns Trump zeigen. Auf der anderen Seite standen aber auch die Trump-Anhänger, die in Rekordzahlen wählen gegangen sind und gesagt haben: "Wir müssen unseren Präsidenten verteidigen und für unsere Werte einstehen".

Was interessant ist, sind die unabhängigen Wähler, aber auch Frauen in den Vororten, die 2016 bei der Präsidentschaftswahl noch mit hohen Prozentzahlen für Trump gewählt haben. Diese Frauen haben jetzt Demokraten unterstützt.

DOMRADIO.DE: Die Midterms sind vorbei. Wie geht es jetzt weiter?

van de Laar: Im Grunde hat der Präsidentschaftswahlkampf 2020 jetzt begonnen. Ich glaube, da sind beide Lager gefordert, zu sagen, wie sie weiterhin ihre Mehrheiten stärken können. Trump muss sich ganz klar die Frage stellen, wie er auch weibliche Wählerinnen wieder zurückgewinnen kann.

Ein letzter Punkt, den ich noch sagen möchte: Frauen haben bei der Wahl wirklich dominiert. Zum ersten Mal in der Geschichte werden wir mehr als 100 Frauen im Repräsentantenhaus sehen. Das gab es noch nie. Viele Latinos und Afroamerikanerinnen wurden gewählt und sogar auch zwei Muslime. Es gab nicht die blaue Welle, aber es gab vielleicht eine rosa Welle oder zumindest eine Regenbogenwelle. Insofern ein Tag mit viel Veränderung in den USA.

Das Interview führte Tobias Fricke.


Julius van de Laar / © N.N. (KNA)
Julius van de Laar / © N.N. ( KNA )
Quelle:
DR
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