Vor 75 Jahren wurden die Mitglieder der "Weißen Rose" verhaftet

"Wir sind euer böses Gewissen"

Mit mutigen Worten wollte die "Weiße Rose" das Naziregime zu Fall bringen und brachte dazu Flugblätter in Umlauf. Das sechste verteilten die Studenten in der Münchner Universität - es wurde ihnen zum Verhängnis: Sie wurden verhaftet.

Autor/in:
Barbara Just
Hans und Sophie Scholl / © dpa (dpa)
Hans und Sophie Scholl / © dpa ( dpa )

Der 18. Februar 1943 war ein milder Vorfrühlingstag. Die Geschwister Hans und Sophie Scholl frühstückten gemeinsam und brachen um 10.00 Uhr zur Ludwig-Maximilians-Universität auf. Mit einem Handkoffer betraten die Studenten das Hauptgebäude. Sie wollten bewusst die Zeit nutzen, in der die Vorlesungen noch andauerten, und verteilten auf den menschenleeren Treppen, Fensterbänken und Mauervorsprüngen die mitgebrachten Flugblätter. Nur ein kleiner Rest war noch übrig. Ob sie Panik oder Übermut trieb, wer weiß es?

Jedenfalls ließen sie die letzten Exemplare einfach von oben herab in den Lichthof flattern. Da öffneten sich auch schon die Hörsäle. Die Studenten strömten heraus, und die Geschwister rasten ebenfalls die Treppen hinunter. Doch der Pedell Jakob Schmid hatte die beiden gesehen. Der ehemalige Maschinenmeister kam ihnen entgegen, packte sie am Arm und schrie mehrmals: "Sie sind verhaftet!" Hans (24) und Sophie (21) waren plötzlich ganz ruhig. Zum Hausverwalter, zum Rektor, zum SS-Oberführer wurden die zwei geführt. Dann kam die Gestapo.

Später wurde auch Christoph Probst verhaftet

Alle Ausgänge der Uni waren zwischenzeitlich gesperrt worden, erinnerte sich später eine Studentin. Wer ein Flugblatt an sich genommen hatte, musste es abgeben. Zwei Stunden hätten alle auszuharren gehabt, bis auf einmal die Geschwister mit gefesselten Händen an ihnen vorbeigeführt worden seien. Kein Blick der Verhafteten ging nach rechts oder links. Vermutlich wollten sie niemand anderen zusätzlich in Bedrängnis bringen.

Anfangs leugneten die Geschwister noch, Urheber dieser Schriften zu sein. Doch sie wurden schnell überführt. Einen Tag später verhafteten die Behörden auch ihren Mitautor Christoph Probst (23). Dann ging es schnell. Nur vier Tage später machte der eigens angereiste Präsident des NS-Volksgerichshof, Roland Freisler, mit den ersten Mitgliedern der "Weißen Rose" kurzen Prozess: Angeklagt wegen "landesverräterischer Feindbegünstigung, Vorbereitung zum Hochverrat und Wehrkraftzersetzung" verurteilte er sie am 22. Februar zum Tod durch das Fallbeil.

Weiße Rose: Widerstand höchste Pflicht

Mit ihren Flugblättern wollten die Studenten die Deutschen wachrütteln, um sie auf den erhofften Sturz der NS-Regierung vorzubereiten. Im Mai 1942 erschien das erste Blatt. Darin thematisierten sie die Schuld, mit der sich jeder beschäftigen müsse, der "als Mitglied der christlichen und abendländischen Kultur nicht für die Befreiung Deutschlands von der nationalsozialistischen Diktatur des Bösen" eintrete. Aufgrund des verbrecherischen Charakters des NS-Regimes sei passiver Widerstand die "einzige und höchste Pflicht eines jeden Deutschen".

Bereits im zweiten Schreiben verurteilten die Studenten die Ermordung der jüdischen Bevölkerung. Die Gruppe rief dazu auf, die Flugblätter weiterzuverbreiten "bis auch der letzte von der äußersten Notwendigkeit" des Widerstands überzeugt sei. "Wir schweigen nicht, wir sind Euer böses Gewissen, die Weiße Rose lässt Euch keine Ruhe!" drohten Scholl und sein Mitstreiter Alexander Schmorell jeweils am Ende der ersten vier Flugblätter.

Hans Scholl: Es lebe die Freiheit

Hans und Sophie Scholl und ihr Freund, der dreifache Familienvater Christoph Probst, bezahlten als erste der Gruppe diesen Einsatz für den Widerstand mit dem Leben. Nur wenige Stunden nach ihrer Verurteilung schritt der Henker im Gefängnis München-Stadelheim zur Tat. Hans Scholls letzte Worte waren "Es lebe die Freiheit". Seine Schwester Sophie hatte das Wort "Freiheit" auf die Rückseite der Anklageschrift geschrieben, die ihr vor dem Prozess in der Zelle ausgehändigt worden war. Ihr letzte Ruhe fanden die drei Studenten auf dem nahe der Justizvollzugsanstalt Stadelheim gelegenen Friedhof am Perlacher Forst.

Heute sind vor dem Haupteingang der Universität im Boden als Mahnung die Flugblätter wie hingestreut in Form einer Skulptur eingelassen. Im Gebäude selbst gibt es eine "DenkStätte Weiße Rose". Im Lichthof erinnert eine Bronzetafel an ihre Taten. Stets ist sie mit einer frischen weißen Rose geschmückt.


Quelle:
KNA