Simbabwes Präsident Mugabe unter Hausarrest

Herrscher mit Jesus-Vergleich

Nach 37 Jahren an der Macht durfte man allmählich damit rechnen, dass Simbabwes Dauerregent in seinen Stiefeln aus dem Amt scheidet. Doch nun gibt es tatsächlich noch einen Putsch - der freilich nicht so heißen darf.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Polizist vor einem Porträt von Robert Mugabe / © Tsvangirayi Mukwazhi (dpa)
Polizist vor einem Porträt von Robert Mugabe / © Tsvangirayi Mukwazhi ( dpa )

Seit seiner staatlichen Unabhängigkeit 1980 hat das einstige Rhodesien keinen anderen Regierungschef erlebt als Robert Mugabe: erst als Premierminister, seit 1987 als Staatspräsident. Und es erlebte gute Tage - zunächst. Über den Daumen gepeilt waren es zehn Jahre des Aufschwungs, zehn schwere und knapp zwanzig desaströse.

Nun, als schon keiner mehr mit einem vorzeitigen Ende rechnen konnte, zog das Militär die Notbremse - und stellte den 93-Jährigen in der Nacht zum Mittwoch unter Hausarrest. Ist das nun das Ende für den Herrscher mit den ewigen Clubjacken?

Einst ein Vorbild

Als Anführer schwarzer Rebellen eroberte Mugabe in einem blutigen Bürgerkrieg die "Kornkammer Afrikas" aus der Hand der weißen Eliten.

Und als alle schon mit einem großen Gemetzel an der kolonialen Oberschicht rechneten, packte der neue starke Mann zur Überraschung der Weltöffentlichkeit die Friedenspfeife aus und rief zu Versöhnung und zum gemeinsamen Wiederaufbau auf. Ein Star war geboren; ein ethnisches Massaker an rund 20.000 angeblichen Kollaborateuren wurde geflissentlich übersehen.

Die meisten Weißen blieben im Land - und erlebten staunend mit, wie der gut aussehende Intellektuelle mit seinem lupenreinen Englisch erfolgreiche Gesundheits- und Bildungsprogramme für die Schwarzen auflegte und eine kluge, soziale Wirtschaftspolitik betrieb.

Erfolgreich hatte er - teils während seiner Haftaufenthalte - Philosophie, Wirtschaftswissenschaften, Pädagogik und Recht studiert. Die westliche Welt überschlug sich mit Elogen. Wie Mugabe! - so musste es Afrika machen.

Starke Verwandlung

Es ist viel psychologisiert und politologisiert worden, warum der erfolgsgewohnte Könner in den 90er Jahren zu einem eiskalten Monster mutierte. Ein wichtiger Faktor scheint der Tod seiner ersten Frau Sally 1992 gewesen zu sein, mit der er keine Kinder haben konnte.

Mugabe heiratete seine Sekretärin Grace, die zügellosen Luxus liebte. Mugabe dagegen war ein Asket, der weder rauchte noch Alkohol trank. Fortan gehörten Hummer und Champagner zur Grundausstattung, auch als seine Landsleute bereits zu Tausenden in den Straßen verhungerten.

Ein zweiter psychologischer Knick dürfte die Befreiung von Nelson Mandela im Februar 1990 gewesen sein. Dass der Freiheitsheld aus dem Nachbarland Südafrika ihm auf Anhieb den Rang als das Idol des Schwarzen Kontinents ablief, konnte der eitle, kleingewachsene Mugabe nicht verwinden.

Die Landreform, die der Präsident seit 1990 einleitete, begünstigte die eigene Klientel statt der landlosen Masse. Marktwirtschaft wich zunehmendem Dirigismus, und die Einmischung Simbabwes in den Bürgerkrieg im Kongo führte den Staatshaushalt in die Roten Zahlen.

Endgültiger politischer Wendepunkt war ein verlorenes Verfassungsreferendum 1999: Mugabe wandte sich voll Verachtung von seinem eigenen Volk ab. Von nun an war der Machterhalt sein einziges Interesse.

Enteignung weißer Farmer

Im Jahr 2000 wurden massenhaft weiße Farmer gewaltsam enteignet. Die landwirtschaftliche Produktion ging binnen kurzem zugrunde. Die Elendsquartiere rund um Harare und andere Städte wurden in der Aktion "Schmeißt den Müll raus!" von Bulldozern zusammengeschoben, Hunderttausende Menschen vertrieben und in noch tiefere Not gestürzt. Die Inflation stieg auf Tausende Prozent; ein Land hungerte.

Mugabe war das längst egal. Er fand immer einen Schuldigen an der Misere, in der Regel den Westen. In den letzten Jahren gab er sich nicht mal mehr Mühe, die Grausamkeit seines Unterdrückungsregimes zu verbergen. Oppositionsführer Morgan Tsvangirai, einzig verbliebener politischer Hoffnungsträger, wurde bei den Wahlen 2008 grün und blau geprügelt; nur knapp entkam er einem Mordanschlag. Tsvangirais Wahlsieg wurde schamlos umgebogen, der Rivale in einer durch bewusste Blockade gelähmten Koalitionsregierung festgefroren.

Vergleich mit Jesus

Er sei wie Jesus Christus, hat Robert Mugabe einmal gesagt. Jedes Mal, wenn man ihn für tot halte, sei er wieder auferstanden. Der einstige Jesuitenschüler muss es ja eigentlich wissen. Nun ist einer der fühllosesten Machthaber Afrikas offenbar kaltgestellt.

Erleichterung ist noch nicht angebracht. Noch ist völlig unklar, was nun folgt - und wer dem ruinierten Land neue Perspektiven geben kann.


Robert Mugabe / © Tsvangirayi Mukwazhi (dpa)
Robert Mugabe / © Tsvangirayi Mukwazhi ( dpa )
Quelle:
KNA