Caritas kritisiert geplante Streichung von Geldern für Flüchtlingsberatung

Eine drohende Katastrophe

Die neue schwarz-gelbe Landesregierung in Nordrhein-Westfalen setzt den Rotstift an und will der Beratungsarbeit für und mit Flüchtlingen 17 Millionen Euro streichen. Die Caritas der Stadt Köln spricht im Interview von einem handfesten Risiko.

Qualifizierungsprogramm für Flüchtlinge / © Klaus-Dietmar Gabbert (dpa)
Qualifizierungsprogramm für Flüchtlinge / © Klaus-Dietmar Gabbert ( dpa )

domradio.de: Was halten Sie von dem schwarz-gelben Plan die Flüchtlingsberatung um 40 Prozent runter zu fahren?

Peter Krücker (Leiter des Caritas-Verbandes für die Stadt Köln): Wenn diese Pläne so umgesetzt werden und nach Köln übertragen werden, wird es sicherlich eine sehr schwierige Situation in der Flüchtlingsberatung geben. Dann kann man das schon als Katastrophe bezeichnen, was dann passiert. Wir von der Kölner Caritas hoffen aber, dass sich an diesen Zahlen noch deutlich etwas ändert, weil wir bisher auch noch sehr wenige Informationen aus dem Land haben. 

domradio.de: Das heißt, dass es noch gar nicht klar ist, ob die schwarz-gelbe Koalition diese Sparandrohung wirklich wahr macht? 

Krücker: Das ist so nicht klar. Es ist vom Land verlautbar geworden, dass Mittel eingespart werden. Auch diese Höhe ist eine korrekte Zahl. Wir wissen aber noch nicht, in welchen Bereichen konkret Mittel eingespart werden. Ich weiß vom Land, dass zum Teil Mittel eingespart werden sollen, die in den letzten Jahren nicht abgerufen worden sind. Das ist natürlich noch mal was anderes, als wenn ein bestehendes Angebot eingestellt werden muss. Am Freitag gibt es ein Gespräch zwischen den Landesvertretern der Wohlfahrtspflege und dem Ministerium in Düsseldorf. Wir hoffen dann spätestens  am Montag konkret zu erfahren, welche Kürzungen im Einzelnen geplant sind und wie sie sich in Köln auswirken.

domradio.de: Sie haben die nicht abgerufenen Mittel erwähnt. Wenn man immer hört, dass Flüchtlingsarbeit so wichtig ist und für die Integration nötig, wie kann es dann sein, dass Mittel nicht abgerufen werden?

Krücker: Das kann immer gut sein, weil das Mittel sind, die erst seit Kurzem, also erst im letzten und teilweise auch erst in diesem Jahr in den Haushalt eingestellt worden sind. Und wenn wir dann in der Kölner Caritas zum Beispiel eine Zusage bekommen für Angebote mit traumatisierten Menschen, müssen wir erst mal gucken, dass wir qualifiziertes Personal finden, dass wir qualifizierte Therapeuten finden, die Trauma-Erfahrungen mit Flüchtlingen aufarbeiten können. Solche Leute findet man nicht von heute auf morgen.

Das dauert schon mal drei, vier, oder auch sechs Monate. Dann entstehen natürlich Situation, in denen Mittel nicht in dem Umfang abgerufen und verwendet werden können, wie sie eingesetzt sind. Das ist immer am Anfang einer Hilfe eine relativ typische Erscheinung. Nur darf man daraus nicht schließen, - und das tut glaube ich die Landesregierung - dass diese Mittel dann nicht gebraucht werden. 

domrdio.de: Inwieweit steigt mit der Streichung von Geldern für die Flüchtlingsberatung - sofern sie denn dann tatsächlich durchgesetzt werden sollte - das Risiko, dass beratungsbedürftige Flüchtlinge sich schwerer oder auch gar nicht integrieren können? 

Krücker: Das ist ein sehr handfestes Risiko weil die Bedarfe und Notwendigkeiten sich ganz anders entwickeln. Was wir in den letzten zwei Jahren gemacht haben, war Krisenintervention. Wir mussten gucken, dass die Leute die hier ankommen, ein Mindestmaß an Versorgung finden. Das ist sozialarbeiterisch eine relativ einfache Aufgabe.

Die Integration von Menschen ist eine viel schwierigere, langwierigere und komplexere Aufgabe. Hier brauchen die Menschen viel mehr Unterstützung, um sich dann in der eigenen Wohnung zurecht zu finden, all unsere deutschen Regeln zu lernen, zu wissen wie man Kinder in Schule und Kindergarten anmeldet, wie man mit dem Rundfunkbeitrag umgeht; das sind alles Herausforderungen, von denen die Menschen in den Notunterkünften noch verschont sind. Sie brauchen in der eigenen Wohnung erst mal mehr Begleitung als in der Notunterkunft. Deshalb haben wir einen steigenden Bedarf in der Flüchtlingsberatung und keinesfalls einen rückgehenden Bedarf. Und so schließen es wohl die Landespolitiker. 

domradio.de: Unternehmen Sie jetzt sofort Gespräche und Versuche, das zu stoppen?

Krücker: Ja natürlich. Auf unterschiedlichen Ebenen. Sowohl unsere Landes- und Diözesanverbände sind mit dem Ministerium im Gespräch, wir haben gestern auch im Kölner Sozialausschuss dazu beraten. Auch der Kölner Beigeordnete für Soziales wird sich mit dem Ministerium in Verbindung setzen und versuchen, Neues und Konkretes zu erfahren. Alle werden sich heftig dafür einsetzen, dass solche Kürzungen an Köln vorübergehen.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.


Quelle:
DR