Generalvikar rüffelt Kreisdechanten wegen Einmischung in Politik

Wirbel um Solidarität mit NRW-Ministerin

Die neue NRW-Agrarministerin ist wegen verletzter Tiere im familiären Schweinemastbetrieb in die Kritik geraten. Ein Geistlicher verteidigt sie - und wird dafür vom Münsteraner Generalvikar gerügt.

Autor/in:
Johannes Nitschmann
Generalvikariat des Bistums Münster / © Elisabeth Schomaker (KNA)
Generalvikariat des Bistums Münster / © Elisabeth Schomaker ( KNA )

Die nordrhein-westfälischen Landwirtschaftsministerin Christina Schulze Föcking (CDU) steht unter massiver Kritik, nachdem Fotos aus dem familiären Mastbetrieb verletzte Schweine zeigen. Die Sache hat auch zu einer scharfen Kontroverse zwischen einem katholischen Geistlichen und den Grünen geführt.

"Mit viel Dreck und Druck" werde versucht, "die Ministerin aus dem Amt zu jagen", schrieb der Steinfurter Kreisdechant Markus Dördelmann in einem Leserbrief an die "Westfälischen Nachrichten". Die Familie Schulze Föcking erlebe "übelste Beschimpfungen" und eine "Hetzjagd".

Beschwerde beim Münsteraner Generalvikar

Über diese Solidaritätsbekundung mit der Ministerin beschwerten sich die Grünen beim Münsteraner Generalvikar Norbert Köster, der sich von der Intervention des Kreisdechanten distanzierte.

Bereits wenige Tage nach der Ernennung von Schulze Föcking zur Agrarministerin waren Anfang Juli die heimlich in ihrem Hof im westfälischen Burgsteinfurt aufgenommenen Bilder aufgetaucht. Eine Tierschützer-Guerilla war dort illegal eingedrungen und hatte schwer verletzte Tiere mit angefressenen Schwänzen und entzündeten Gelenken in verdreckten Stallbuchten gefilmt. Gegen die Ministerin und ihren Ehemann wurden Strafanzeigen wegen des Verdachts auf Tierquälerei erstattet.

Doch die Staatsanwaltschaft Münster lehnte Strafermittlungen gegen die 40-jährige Ministerin ab, weil sie ihre Beteiligung am Schweinemastbetrieb nach ihrer Berufung in die Landesregierung aufgegeben habe. Auch bei ihrem Ehemann sehen die Ermittler nach mehrwöchigen Prüfungen keinen Anfangsverdacht auf Tierquälerei, wie die Staatsanwaltschaft am Dienstag mitteilte. Für die Verletzungen seien weder der Ehemann als Geschäftsführer des Betriebs noch andere Mitarbeiter verantwortlich. Es sei nicht ansatzweise erkennbar, dass sie die Verletzungen vorsätzlich herbeigeführt, ignoriert oder auf diese nicht rechtzeitig und nicht sachgerecht reagiert hätten.

Dennoch steht die Ministerin weiter im Kreuzfeuer der Opposition. SPD und Grüne werfen ihr eine Interessenskollision vor. Womöglich droht der Politikerin ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss (PUA) im Düsseldorfer Landtag. Dort wollen die Oppositionsfraktionen aufklären, ob die Ministerin Einfluss auf die örtlichen Veterinärbehörden genommen hat, um dem Schweinemastbetrieb "einen Persilschein auszustellen". Zudem werfen SPD und Grüne der Ministerin vor, ihren Beamtenapparat zur Aufklärung ihrer privaten Affäre missbraucht sowie Parlament und Justiz über die Besitzverhältnisse ihres Betriebs getäuscht zu haben.

Grüne wittern kirchliche Einmischung

"Politik ist ein schmutziges Geschäft", meint Kreisdechant Dördelmann, der sich als Seelsorger der Familie Schulze Föcking versteht. Dass die Linkspartei um den Hof der Ministerin herum "aggressive Plakate" aufhänge und weitere Amtsinhaber beschädige, "geht mir entschieden zu weit", erklärte der Pfarrer. Hier gehe es um "eine Form von Unrecht, die ich bei jedem Politiker anklagen würde, egal welcher Partei."

Die Grünen fühlen sich nach diesem Vorstoß in ihrer Rolle als Opposition angegriffen. Die Abgeordneten müssten durch kritische Nachfragen an die Regierenden zur Aufklärung strittiger Sachverhalte beitragen, heißt es im Beschwerde-Schreiben führender Grünen-Politiker - darunter der Bundestagsabgeordnete Friedrich Ostendorff und der Landtagsabgeordnete Norwich Rüße - an das Generalvikariat in Münster. "Dabei handelt es sich in keinster Weise um eine Schmutzkampagne, sondern um die Wahrnehmung der Kontrollfunktion des Parlaments gegenüber der Regierung."

Der Kreisdechant vermittle den Eindruck, dass die Kirche sich für eine Vernebelungstaktik der Familie Schulze Föcking instrumentalisieren lasse. In den vergangenen Jahren hätten sie die beiden Kirchen "immer wieder als engagierte Streiter für einen besseren Umgang mit unseren Nutztieren erlebt", schreiben die Grünen.

Der Generalvikar antwortete den Politikern prompt: Er könne ihre Einwände "sehr gut verstehen". Dördelmanns Leserbrief müsse als "Eingriff in den Bundestagswahlkampf" verstanden werden. Köster: "Das ist nicht das Anliegen der katholischen Kirche."


Schweinemastbetrieb Schulze Föcking / © Guido Kirchner (dpa)
Schweinemastbetrieb Schulze Föcking / © Guido Kirchner ( dpa )

Norbert Köster, Generalvikar im Bistum Münster / © Elisabeth Schomaker (KNA)
Norbert Köster, Generalvikar im Bistum Münster / © Elisabeth Schomaker ( KNA )
Quelle:
KNA