Kölner Stadtdechant mahnt vor AfD-Parteitag zur Besonnenheit

"Aufstehen für Toleranz und Vielfalt"

Am Wochenende findet in Köln der AfD-Parteitag statt. Mehrere Gegendemos sind in der Domstadt geplant - auch die Kirche macht mobil, wie der Kölner Stadtdechant Robert Kleine gegenüber domradio.de erklärt.

Kirchen beteiligen sich mit diesem Banner an Demos gegen AfD in Köln  (DR)
Kirchen beteiligen sich mit diesem Banner an Demos gegen AfD in Köln / ( DR )

domradio.de: Die AfD ist eine demokratische Partei. Ist da nicht erst mal legitim, dass sie ihren Parteitag in Köln abhält?

Monsignore Robert Kleine (Kölner Stadtdechant): Ja, das ist schon legitim. Es ist vielleicht nicht erfreulich mit allen Begleiterscheinungen, aber natürlich hat sie das Recht dazu. Aber es gibt auf der anderen Seite auch das Recht auf Meinungs- und Demonstrationsfreiheit. Also kann man dagegen auch eine andere Meinung setzen. Wichtig ist mir im Vorfeld, dass das alles gewaltfrei geschieht. Das hoffe ich auch für das kommende Wochenende, dass nicht irgendwelche Gegner oder Chaoten das ausnutzen, um Randale zu machen. Die Kirchen wollen sich inhaltlich mit einigen Positionen auseinandersetzen, indem sie für das eintreten und für das auf die Straße gehen, wofür das Christentum und das christliche Menschenbild stehen, so wie es in der Tradition Jesu Christi von der Kirche verkündet wird.

domradio.de: Tatsächlich wollen sich unterschiedliche katholische und protestantische Christen unter dem Zeichen des Kreuzes versammeln. Wie wichtig ist es, dass sie da alle zusammenstehen?

Kleine: Ich finde es ein wunderschönes Zeichen, dass wir da als Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) zusammen auf die Straße gehen. Es hat ja bereits das Zweite Vatikanische Konzil vor 50 Jahren verkündet, dass keiner aufgrund seines Glaubens, seiner Rasse oder seiner Nationalität diskriminiert werden darf, weil das dem Geist Jesu Christi widerspricht. Das ist natürlich für alle Christen genau so bindend - und die treten natürlich dafür ein. Das wollen wir gemeinsam tun. Wir demonstrieren nicht gegen etwas, gegen eine Partei oder irgendwelche Wähler, sondern wir treten für ein positives Bild, für Respekt und Toleranz und gegen Intoleranz und Hass in Gesellschaft, Politik und Internet ein.

domradio.de: "Unser Kreuz hat keine Haken", das sagen Sie mit Ihrem Motto ganz klar. Muss man das extra sagen, dass das Kreuz der Christen nichts mit dem Hakenkreuz der Nazis zu tun hat?

Kleine: Ich glaube manchmal schon. Wenn ich mir Pegida-Demonstrationen anschaue, dann finde ich schon mal Kreuze, die schwarz-rot-gold angestrichen sind. Im Grunde ist dies eine Blasphemie, denn es gibt kein deutsches Christentum oder kein völkisches Christentum, sondern ein katholisches, allumfassendes Verständnis von Kirche. Es gibt leider Tendenzen zum Rechtsradikalismus und zum Antisemitismus. Da müssen Kirchen aufstehen und sagen, dass das Hakenkreuz nichts mit unserem Kreuz zu tun hat. Jesus Christus ist für die Menschen gestorben und auferstanden und hat dann gesagt, dass wir einander lieben sollen, den Nächsten und sogar den Feind. Dafür steht das Kreuz im Christentum.

domradio.de: Was genau haben Sie für Aktionen geplant?

Kleine: Es gibt eine große Demonstration "Köln stellt sich quer". Da sind die katholische Kirche und der Katholikenausschuss schon immer ein Bündnispartner bei unterschiedlichen Anlässen. Es gibt eine Bühne wahrscheinlich auf dem Heumarkt und da werden wir als Kirchenvertreter und auch der Rat der Religionen ein kurzes Statement für Toleranz, für ein Miteinander und Solidarität in der Gesellschaft abgeben. Dann werden wir beim Demonstrationszug durch die Stadt mitgehen. Am Samstagnachmittag gibt es eine zweite Veranstaltung: "Köln ist bunt" mit dem Festkomitee Kölner Karneval. Auch da werden wir dafür eintreten, wofür wir als Christen in dieser Stadt stehen. Das sind zwei Punkte, zwei Veranstaltungen, bei denen ich stellvertretend teilnehmen werde.

domradio.de: Machen Sie sich Sorgen, dass es richtig aggressiv werden könnte, wenn da AfD-Anhänger auf Gegendemonstranten treffen?

Kleine: Ich glaube schon, dass die Gefahr besteht. Man bekommt jetzt schon im Stadtbild mit, dass irgendwo etwas gesprüht ist wie "AfD blocken", also mit Blockaden begegnen. Das kennt man schon aus anderen Städten. Es steht zu befürchten, dass es auch die autonome Szene anzieht und dass es da zu Gewalt kommen kann. Ich hoffe sehr, dass er friedlich bleibt. Ich muss mich auch mit einer Position friedlich auseinandersetzen können, hinter der ich nicht stehen kann. Wenn also von "völkisch" gesprochen wird oder von einem "Schießbefehl" oder ein Angstbild gegenüber Flüchtlingen aufgebaut wird, dann muss ich da meine Stimme erheben und friedlich auf die Straße gehen. Aber alles, was mit Gewalt zu tun hat und wo es handgreiflich wird, das hat nichts auf der Straße zu suchen. Ich hoffe inständig, dass die Polizei in der Lage ist, eine Konfrontation oder Aggression insgesamt zu unterbinden.

domradio.de: Das Ganze wird sich im Innenstadtbereich abspielen, eine ganze Reihe Kirchen liegen mittendrin, wie Groß Sankt Martin, Sankt Andreas, Maria Lyskirchen und natürlich der Dom.  Treffen die Gemeinden irgendwelche Vorkehrungen. Wissen Sie da etwas drüber?

Kleine: In der Hoffnung, dass es gut geht, sind nicht von vorne herein Schließungen geplant. Am Dom finden am Wochenende die normalen Gottesdienste statt, das Domforum ist als Besucherzentrum des Domes geöffnet. Man muss da natürlich schauen, wie sich die Situation entwickelt. Wir hatten auch schon einmal vor Jahren, als es Kurden-Demonstrationen gab, den Fall, dass man kurzfristig etwas geschlossen hat oder die Turmbesteigung kurz dicht gemacht wurde, weil das zu unübersichtlich war. Ich hoffe, dass dergleichen nicht nötig ist, aber ansonsten wird man ad hoc Entscheidungen treffen müssen. Einige Geschäfte bleiben ja auch am Samstag geöffnet. Diejenigen, die in der Stadt sind, sollen die Möglichkeit haben, in unsere Gotteshäuser hineinzukommen.

domradio.de: Was passiert denn, wenn sich prominente AfD-Politiker den Dom anschauen wollen?

Kleine: Wir können und werden natürlich keine Hausverbote für den Kölner Dom erteilen. Aber wir sprechen auch keine speziellen Einladungen aus. Oft gehen die Menschen durch die besondere Atmosphäre in dem Gotteshaus anders heraus, als sie hineingekommen seien. Vielleicht trifft das ja auch auf mögliche Besucher aus den Reihen der AfD zu. Umkehrbereite sind immer willkommen.

Das Interview führte Hilde Regeniter.


Quelle:
DR