LKW-Anschlag in Jerusalem

"Grausam und tragisch"

Israelische Soldaten steigen im Ostteil Jerusalems aus einem Bus. Plötzlich fährt ein palästinensischer Lastwagenfahrer in die Gruppe. Mindestens vier junge Leute sterben. Laut Netanjahu war der Angreifer ein IS-Anhänger.

Israelische Polizisten sichern Anschlagsort / © Mahmoud Illean (dpa)
Israelische Polizisten sichern Anschlagsort / © Mahmoud Illean ( dpa )

Ein Palästinenser hat am Sonntag bei einem Anschlag mit einem Lastwagen in Jerusalem mindestens vier Israelis getötet und 15 weitere verletzt. Es handele sich bei den Toten um drei junge Soldatinnen und einen Soldaten, teilten die örtlichen Rettungskräfte mit.

Der Fahrer habe im Ostteil der Stadt eine Menschenmenge absichtlich gerammt, teilte eine Polizeisprecherin mit. Nach Angaben des Fernsehens wurde der Attentäter erschossen. Nach Fernsehberichten waren einige Verletzte noch unter dem Lastwagen eingeklemmt, Rettungskräfte bemühten sich um ihre Befreiung.

Der Lastwagenfahrer sei in dem Stadtteil Armon Hanaziv in eine Gruppe von Soldaten gefahren, die gerade aus einem Autobus gestiegen war, teilte eine Polizeisprecherin mit. Die Polizei sperrte den Ort des Anschlags ab. Mehrere Verletzte wurden von Rettungskräften behandelt.

"Ewige, unteilbare Hauptstadt"

Palästinenser im Gazastreifen hatten den Anschlag gefeiert und auf der Straße Süßigkeiten verteilt. Auch die radikal-islamische Palästinenserorganisation Hamas begrüßte die Attacke.

Armon Hanaziv liegt in dem 1967 von Israel eroberten Teil Jerusalems. Die Palästinenser beanspruchen das Gebiet als Teil einer künftigen Hauptstadt für sich. Israel sieht jedoch ganz Jerusalem als seine "ewige, unteilbare Hauptstadt". In dem Stadtteil war es seit Beginn der neuen Gewaltwelle im Herbst 2015 immer wieder zu Anschlägen gekommen.

Attentäter stammte aus Ost-Jerusalem

Der Attentäter stamme aus dem arabischen Ostteil Jerusalems. Dies bestätigte der israelische Polizeichef Roni Alscheich am Sonntag. Es habe keine konkreten Warnungen vor einem Anschlag gegeben, sagte Alscheich am Ort des Anschlags. Soldaten hätten schnell reagiert und den Attentäter erschossen.

Über weitere Details der Ermittlungen sei eine Nachrichtensperre verhängt worden, sagte Alscheich. Der Inlandsgeheimdienst Schin Bet sei an der Untersuchung beteiligt. Der Polizeichef wollte nicht sagen, ob der Lastwagen dem Attentäter gehörte oder ob er ihn vor dem Anschlag gestohlen hatte. Er wollte sich auch nicht dazu äußern, ob man davon ausgehe, dass der Täter allein handelte.

Hilfskräfte vor Ort

Ein Mitarbeiter des Rettungsdienstes Zaka sagte, den Sanitätern habe sich am Ort des Anschlags ein schlimmer Anblick geboten. Einige der Opfer, darunter auch Tote, waren unter dem Lastwagen eingeklemmt. Sie mussten mit einem Kran befreit werden. Der Zaka-Mitarbeiter sagte dem israelischen Fernsehen, es handele sich um "den schlimmsten Anschlag mit einem Fahrzeug, den wir in der letzten Zeit in Jerusalem gesehen haben".

Attentäter wohl IS-Anhänger

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat den Anschlag als "grausam und tragisch" verurteilt. "Wir kennen die Identität des Attentäters und nach allen Anzeichen handelt es sich um einen Anhänger der (Terrormiliz) Islamischer Staat", sagte der Regierungschef.

Nach israelischen Medienberichten war der Attentäter den Sicherheitskräften nicht bekannt. Israels Armee habe einen Belagerungsring um das Viertel Dschabel Mukaber im arabischen Ostteil Jerusalems gelegt, aus dem der Attentäter stamme, sagte Netanjahu.

Parallelen zu anderen Anschlägen in Europa

Netanjahu sieht mögliche Parallelen zwischen dem LKW-Anschlag und ähnlichen Attacken in Europa. "Wir wissen, dass es hier eine Serie von Anschlägen gibt, und es kann durchaus sein, dass eine Verbindung zwischen ihnen besteht, erst Frankreich und Berlin, und jetzt Jerusalem", sagte Netanjahu.

Man werde eine Reihe von Schritten unternehmen, "um sicherzustellen, dass solche Vorfälle sich nicht wiederholen", sagte Netanjahu.

Mahnung zur Wachsamkeit

Jerusalems Bürgermeister Nir Barkat hat nach dem mutmaßlichem Terroranschlag zu Wachsamkeit aufgerufen. "Es gibt keine Grenze der Grausamkeit von Terroristen, die gewillt sind, jedes mögliche Mittel zu nutzen, um Juden zu töten und das tägliche Leben in Israels Hauptstadt zu schädigen", sagte er laut Berichten der Tageszeitung "Jerusalem Post". Barkat rief die Bevölkerung dazu auf, trotz des Anschlags das tägliche Leben fortzusetzen.

Friedliche Zukunft unmöglich

Der UN-Nahostgesandte Nickolay Mladenov verurteilte den tödlichen Anschlag. "Es ist verwerflich, dass einige solche Taten verherrlichen, die die Möglichkeit einer friedlichen Zukunft für Palästinenser und Israelis untergraben", sagte Mladenov nach Angaben seines Büros. "Es ist nichts Heldenhaftes an solchen Aktionen."

Hollande versichert Anschlags-Opfern Beistand

Der französische Präsident den Opfern und ihren Angehörigen seinen Beistand versichert. Sein Land verfolge den Kampf gegen den Terrorismus ohne Unterlass, teilte François Hollande am Sonntagabend mit. Auch Frankreich war in den vergangenen Monaten mehrfach Ziel von Terroranschlägen. In Nizza hatte 2016 ein Attentäter während der Feiern zum französischen Nationalfeiertag ebenfalls einen Lastwagen genutzt und war damit in eine Menschenmenge gerast.

Sicherheitsvorkehrungen werden getroffen

Israels Polizei erhöhte unterdessen die Sicherheitsstufe für Jerusalem. Das Sicherheitskabinett soll zudem laut Medienberichten am Abend zusammentreten, um weitere Schritte zu planen. Berichte über einen weiteren Anschlag in einem anderen Stadtviertel wurden unterdessen laut Bericht des israelischen Sender "i24-News" von den Behörden dementiert.


Quelle:
KNA , dpa