Wolfgang Bosbach über seinen Abschied aus der Politik

"Ich bin doch kein Rebell"

Ein CDU-Urgestein hört auf. Wolfgang Bosbach spricht im domradio.de-Interview über seinen angekündigten Rückzug, seine Erkrankung und die Themen, bei der er seiner Partei nicht mehr folgen mag.

Wolfgang Bosbach (dpa)
Wolfgang Bosbach / ( dpa )

domradio.de: Wie geht es Ihnen heute?

Wolfgang Bosbach: So lala. Ich habe keine großen Schmerzen und Beschwerden. Aber leider weiß ich seit einigen Monaten, dass die Krebstherapie nicht mehr die erhoffte Wirkung hat. Und ich muss nächste Woche Montag schon wieder ins Krankenhaus und werde operiert. Eine unangenehme Operation. Das heißt, im Moment beschäftigt sich mein Kopf mehr mit diesen Themen als mit der Politik.

domradio.de: Neben den gesundheitlichen Gründen gibt es aber auch politische Gründe für ihren angekündigten Rückzug.

Bosbach: Das ist der permanente Spagat, den ich jetzt schon seit vielen Jahren zwischen dem politischen Kurs meiner Partei in einigen wichtigen Fragen und meiner eigenen Überzeugungüben muss. Ich vertrete ja in wirklich keiner einzigen Frage eine Meinung, die nicht auch einmal die Meinung meiner Partei war. Das gilt für die Eurorettungspolitik, für die Hilfspakete für Griechenland und die EZB-Politik. Auch Teile der Flüchtlingspolitik kann ich nicht mehr verantworten. Da geht es weniger um die Zahl der Flüchtlinge, die wir aufgenommen haben, als um den Kontrollverlust. Wir haben in den letzten Monaten Hunderttausende aufgenommen ohne Papiere, mit ungeklärter Identität und Nationalität. Und das alles bringt große Probleme mit sich.

domradio.de: Fühlen Sie sich noch zu Hause in der CDU?

Bosbach: Ja, die CDU ist für mich auch so eine Art politische Familie, ich bin 44 Jahre Mitglied der Partei. Meine CDU war immer die CDU des rheinisch-bergischen Kreises. Da habe ich mich vom ersten Tag an wohl gefühlt und tue das auch heute noch. Das haben auch die Reaktionen gestern im Kreisvorstand gezeigt. Auch wenn ich in der einen oder anderen Frage mit der Politik meiner Partei nicht mehr mitgehen kann. Aber ich wiederhole, dass ich keine Meinung vertrete, die meine Partei nicht auch schon vertreten hat. Es hat dann politische Kurskorrekturen gegeben. Ich bin doch kein Rebell, ich bin auch kein Revolutionär. Ich bleibe bei meiner politischen Überzeugung. Allerdings auch dann, wenn die Partei neue Wege beschreitet. Ich selber halte mich für einen Geradeausdenker, das hat nichts mit Revoluzzertum zu tun.

domradio.de: Auf Facebook schlägt jemand Sie als nächsten Bundespräsidenten vor.

Bosbach: Das ist ein schönes Kompliment, aber 'Schuster bleib bei deinen Leisten', zumal mein Urgroßvater tatsächlich Schuster war. Ich bin auch gar nicht sicher, ob ich da eine gute Besetzung wäre. Ich habe viel zu viel politisches oder parteipolitisches Temperament, das würde immer wieder mit mir durchgehen. Der Bundespräsident muss sich ja qua Amt sehr stark zurückhalten. Ich glaube auch nicht, dass Angela Merkel oder andere auf die Idee kämen, mich in der Bundesversammlung zu nominieren. Ich bin Mitglied der Bundesversrammlung gewesen und werde auch beim nächsten Mal einer der Wahlmänner sein. Aber ich selber werde bestimmt nicht vorgeschlagen.

domradio.de: Aber was werden Sie tun, wenn es mit der Poliitk vorbei ist?

Bosbach: Politischer Mensch werde ich immer bleiben. Aber mit dem Ende der Wahlperiode wird jede aktive parteipolitische Tätigkeit enden. Ich werde kein Amt mehr anstreben, auch nicht in der Kommunalpolitik und in der Partei. Es muss auch einmal Schluss sein. Das gilt für jeden! Alle haben nur ein Amt auf Zeit, das ist das Wesen der Demokratie. Und es ist doch schöner, wenn die Leute sagen: 'Schade, dass der aufhört', als wenn sie sagen, 'Eigenttlich wäre es an der Zeit, dass er Schluss macht'. Ich werde nächstes Jahr 65 Jahre alt und habe 49 Berufsjahre auf dem Buckel. Und dann ist es auch mal gut.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.