Chance für Gottesbezug in schleswig-holsteinischer Verfassung steigt

Ende gut, alles gut?

Der Zug schien schon abgefahren, doch nun ist die Chance für die Aufnahme eines Gottesbezugs in die schleswig-holsteinische Landesverfassung wieder gestiegen – durch einen Entwurf einer buntgemischten Gruppe.

Gottesbezug in Verfassung  / © Marcus Brandt (dpa)
Gottesbezug in Verfassung / © Marcus Brandt ( dpa )

29 Abgeordnete aus allen Fraktionen haben am Donnerstag in Kiel einen gemeinsamen Textentwurf der Landesverfassung  vorgelegt, der einen Hinweis auf den Glauben an Gott enthält. Der Gesetzentwurf soll in zwei Wochen im Landtag beraten und möglichst beschlossen werden. Für die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit müssten 46 der insgesamt 69 Landtagsabgeordneten zustimmen. In dem neuen Vorschlag für die Präambel heißt es unter anderem: "Die Verfassung schöpft aus dem kulturellen, religiösen und humanistischen Erbe Europas und aus den Werten, die sich aus dem Glauben an Gott oder aus anderen Quellen ergeben. Dies geschieht im Bewusstsein der Unvollkommenheit menschlichen Handelns, in Kenntnis der eigenen Geschichte und in Verantwortung vor den Menschen sowie in dem Willen, Demokratie und Frieden, Menschenrechte, Freiheit und Toleranz, Gerechtigkeit und Solidarität auf Dauer zu sichern und weiter zu stärken."

Zu den 29 Abgeordneten, die den Text vorlegten, gehören SPD-Fraktionschef Ralf Stegner, der CDU-Fraktionsvorsitzende Daniel Günther, die Vorsitzende der Grünen-Fraktion Eka von Kalben und Wolfgang Dudda von den Piraten. Weiter dabei sind Jette Waldinger-Thiering vom Südschleswigschen Wählerverband (SSW) und Oliver Kumbartzky von der FDP.

Keine Probeabstimmung

Stegner sagte bei der Vorstellung, der Vorschlag solle möglichst die Abgeordneten aller Parteien erreichen, um die nötige Zweidrittelmehrheit zu erhalten. In der Fraktion sei aber nicht probeweise über die Präambel abgestimmt worden. "Das würde bei einer Gewissensentscheidung unnötig Druck aufbauen", so Stegner.

Günther betonte, ein Teil seiner Fraktion unterstütze den Antrag, obwohl er vom ursprünglichen Standpunkt der Christdemokraten entfernt liege. Günther selbst hatte den Vorschlag mitunterzeichnet. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Eka von Kalben erklärte, der Vorschlag schlage eine Brücke zwischen Glaubenden und denen, die ihre Werte aus anderen Quellen schöpfen.

Volksinitiative optimistisch

Die Volksinitiative für die Aufnahme eines Gottesbezugs begrüßte den Vorschlag. "Das ist ein starkes Signal und zeigt, dass wir schon jetzt viel erreicht haben", sagte ihr Sprecher Peter Harry Carstensen (CDU), ehemals Ministerpräsident des nördlichsten deutschen Bundeslandes. Er gehe davon aus, dass der Text eine Mehrheit bekommt, so Carstensen. "Wir sind sehr optimistisch, dass die federführenden Abgeordneten mit diesem Vorschlag die Zustimmung ihrer Kolleginnen und Kollegen erhalten werden", sagte er.

Die Leiterin des katholischen Büros in Schleswig-Holstein, Beate Bäumer, erklärte, der Antrag sei ein guter Kompromiss. "Wir mussten bisher alle einen Schritt auf den anderen zugehen", sagte sie auf Anfrage. "Und ich wünsche mir sehr, dass die noch nicht entschiedenen Abgeordneten diesen Schritt auch gehen können."

Abstimmung am 22. Juli

Nach wie vor ablehnend äußerte sich der Fraktionsvorsitzende der Piraten, Patrick Breyer: "Mit immer neuen Wortklaubereien versucht Herr Stegner zu verschleiern, dass er gegen den Willen der überwältigenden Mehrheit der Schleswig-Holsteiner unsere Verfassung auf eine religiöse Grundlage stellen will."

Über den Gesetzesentwurf wird der Landtag voraussichtlich am 22. Juli abstimmen.  Am 8. Oktober 2014 hatte das Parlament eine Formulierung für die Präambel der neuen Verfassung ohne Gottesbezug beschlossen. Als Reaktion darauf wurde am 2. März 2015 die Volksinitiative gegründet. Sie sammelte über 42.000 Stimmen für ihr Anliegen. Deshalb muss das Landesparlament das Thema erneut beraten.

 


Quelle:
epd , KNA , DR