Amnesty: Türkei schiebt massenhaft Flüchtlinge nach Syrien ab

"Menschenverachtendes Verhalten"

Die Türkei soll in den vergangenen Wochen massenhaft Flüchtlinge aus Syrien in das Bürgerkriegsland abgeschoben haben. Seit Januar seien fast täglich Männer, Frauen und Kinder in Gruppen von bis zu 100 Menschen gegen ihren Willen zurückgeschickt worden seien. 

Eine syrische Frau an der türkischen Grenze  / © Uygar Onder Simsek (dpa)
Eine syrische Frau an der türkischen Grenze / © Uygar Onder Simsek ( dpa )

Die Türkei hat nach Recherchen von Amnesty International seit Mitte Januar mehrere tausend syrische Flüchtlinge in deren Heimat abgeschoben, darunter Frauen und Kinder. Fast täglich seien Schutzbedürftige in Gruppen von bis zu 100 Personen zur Rückkehr in das Bürgerkriegsland gezwungen worden, erklärte die Menschenrechtsorganisation am Freitag in London und Berlin. Alle derartigen Abschiebungen seien nach türkischem, EU- und internationalem Recht illegal.

Amnesty befürchtet, dass Tausende von Menschen betroffen sein könnten. "In einem Fall hat Ankara drei kleine Kinder ohne ihre Eltern nach Syrien abgeschoben, in einem anderen Fall wurde eine Frau, die im achten Monat schwanger war, zur Rückkehr nach Syrien gezwungen", sagte Marie Lucas, Türkei-Expertin der Organisation in Deutschland. "Dieses menschenverachtende Verhalten der Türkei ist ein klarer Völkerrechtsbruch und muss sofort beendet werden", erklärte Lucas. 

Verfolgung, Gewalt und Tod

Mit Blick auf das jüngste Flüchtlingsabkommen zwischen Brüssel und Ankara erklärte John Dalhuisen, Amnesty-Direktor für Europa und Zentralasien, die EU habe vorsätzlich missachtet, dass die Türkei für syrische Flüchtlinge kein sicheres Land sei, "und sie wird täglich unsicherer". Wenn das Abkommen wie geplant umgesetzt werde, sei die Gefahr groß, dass einige der Menschen, die die EU in die Türkei zurückschicke, ebenfalls von dort nach Syrien abgeschoben würden.

 Die EU müsse die Türkei auffordern, Flüchtlingen den Schutz zu gewähren, der ihnen zustehe, und Menschenrechtsverletzungen sofort zu beenden. "Bis dahin darf die EU Schutzbedürftige nicht bedenkenlos in die Türkei abschieben in der falschen Annahme, die Türkei sei für diese sicher", erklärte Lucas. In der Türkei drohten den Flüchtlingen Verfolgung, Gewalt und Tod.

Kein sicherer Drittstaat 

Nachforschungen an der türkischen Südgrenze hätten gezeigt, dass die Türkei derzeit kein "sicherer Drittstaat" für Flüchtlinge sei. Die EU-Mitgliedstaaten müssten Ankara deshalb umgehend auffordern, Flüchtlingen Schutz zu gewähren und Menschenrechtsverletzungen zu beenden. Bis dahin dürfe die EU Schutzbedürftige nicht bedenkenlos von Griechenland in die Türkei abschieben.

Eine zwischen der Europäischen Union und der Türkei getroffene Vereinbarung sieht vor, dass ab dem 4. April in Griechenland mit der Rückführung von Flüchtlingen in die Türkei begonnen werden soll.

Erst in der vergangenen Woche hatte Amnesty von rechtswidrigen Abschiebungen afghanischer Flüchtlinge aus der Türkei in ihre Heimat berichtet. Dem Abkommen zufolge sollen ab Montag Flüchtlinge aus Griechenland in die Türkei zurückgeführt werden. So sollen Flüchtlinge abgeschreckt werden, mit Schleppern illegal in die EU einzureisen.

 


Quelle:
dpa , epd