Rede zur Lage der Nation

Obama zitiert Papst Franziskus

In seiner letzten Rede zur Lage der Nation hat US-Präsident Barack Obama seinen Landsleuten Mut für die Zukunft gemacht und sich wie bereits im Vorjahr auf Papst Franziskus berufen.

Barack Obama und Papst Franziskus / © Michael Reynolds (dpa)
Barack Obama und Papst Franziskus / © Michael Reynolds ( dpa )

"Seine Heiligkeit Papst Franziskus hat dieser Versammlung von dieser Stelle aus, an der ich jetzt stehe, gesagt, dass die Nachahmung von Hass und Gewalt von Tyrannen und Mördern der beste Weg ist, deren Platz einzunehmen", sagte Obama am Dienstagabend Ortszeit vor dem US-Kongress in Washington.

Mit Blick auf die rund elf Millionen nicht dokumentierten Einwanderer in den USA betonte Obama, er werde auch im letzten Jahr seiner Amtszeit für eine umfassende Reform der Einwanderungsgesetze werben. Ein weiteres Thema der Rede war der Kampf gegen den Klimawandel.

Obama über Trump: "Das ist einfach nur verkehrt"

Obama thematisierte darüber hinaus die Annäherung an Kuba und erinnerte an die historische Wiederaufnahme der politischen Beziehungen im vergangenen Jahr. Zugleich appellierte er an den Kongress, die Sanktionen aufzuheben: "Erkennen Sie an, dass der Kalte Krieg vorüber ist. Heben sie das Embargo auf." Papst Franziskus hatte durch seine Vermittlung maßgeblich zur Wiederannäherung zwischen Kuba und den USA beigetragen.

Ohne den Namen des republikanischen Präsidentschaftskandidaten zu nennen, kritisierte Obama zudem die Positionen Donald Trumps: Wenn Politiker Muslime beleidigten oder eine Moschee Zielscheibe von Vandalismus werde, mache dies die USA nicht stärker. "Das ist einfach nur verkehrt", sagte Obama. "Es verringert unser Ansehen in der Welt."

Wenig religiöses Elternhaus

Obama verleiht seinen religiösen Überzeugungen nur selten öffentlichen Ausdruck. Das mag erklären helfen, warum die US-Amerikaner zu Beginn des achten Jahres seiner Präsidentschaft noch immer diffuse Vorstellungen von Obamas Religiosität haben. In einer CNN-Umfrage vom September sagten 29 Prozent der Befragten und 45 Prozent der Republikaner, der Präsident sei ein Muslim. Lediglich 39 Prozent wussten, dass Obama "ein Protestant oder anderer Christ" sei.

Für die Zurückhaltung des Präsidenten gibt es indes eine Reihe von Gründen. Zunächst seine Herkunft aus einem wenig religiösen Elternhaus. Sein abwesender kenianischer Vater war ein säkularer Muslim, und Obamas alleinerziehende Mutter aus Kansas hatte wenig Bezug zu ihrer christlichen Herkunft.

"Nicht nur Worte, sondern auch Taten"

So fand Obama erst als Erwachsener zum Glauben. Den Prozess seines spirituellen Erwachens schildert er in seinen beiden autobiografischen Büchern. Es ging einher mit seinem Freiwilligen-Einsatz auf der bettelarmen Südseite von Chicago, wo er stark von der christlichen Soziallehre beeinflusst wurde.

Vor seiner Präsidentenwahl 2008 gab Obama in einem Interview einen seltenen Einblick in seine Überzeugungen. Er glaube, "dass Jesus Christus für meine Sünden gestorben ist und ich durch ihn erlöst bin", sagte er. Aber das allein reiche nicht. Dazu gehöre die "Verpflichtung, nicht nur das Wort hochzuhalten, sondern durch Taten jene Erwartungen zu erfüllen, die Gott an uns hat", so Obama.

"Mit Güte kann sich alles ändern"

Dieser Gedanke zieht sich wie ein Roter Faden durch die seltenen religiösen Einlassungen des Präsidenten - zuletzt bei der Würdigung des schwarzen Predigers Clementa Pinckney. Er war im Juni in Charleston zusammen mit acht Gemeindemitgliedern bei einem Bibelkurs von einem jungen Rassisten getötet worden.

Wenige Meter vom Sarg seines Freundes entfernt sprach Obama über das Vorbild, das Pinckney und dessen Gemeinde gesetzt hätten, als sie den Mörder in ihrer Mitte willkommen hießen. Ähnliches gelte für die Angehörigen, die nach der Tat für dessen Seelenheil beteten: "Was bedeutet das für unsere Lebensführung?" fragte Obama in seiner Trauerrede. "Wenn wir diese Güte zulassen, kann sich alles ändern."

Dauerverdacht: "heimlicher Muslim"

Die politische Realität erwies sich in Obamas Amtszeit nüchterner. Statt die Nation auf der Basis christlicher Werte zusammenzubringen, musste er bereits im Wahlkampf 2008 in der Kontroverse um seinen früheren Chicagoer Pastor Jeremiah Wright schmerzhaft erfahren, wie Religion in den USA instrumentalisiert wird. Wright geriet etwa wegen der Aussage «Gott verdamme Amerika» in die Schlagzeilen. Zudem äußerte er sich abfällig über Juden. Diese damalige Kontroverse gilt als zweiter wesentlicher Grund für Obamas Zurückhaltung in Glaubensdingen.

Auch spielt wohl der von Donald Trump und anderen Republikanern gehegte Dauerverdacht eine Rolle, der Präsident sei ein "heimlicher Muslim". Diese Behauptungen gehen einher mit Anspielungen auf seinen muslimischen Vater, der schon in frühesten Kindheitstagen aus Obamas Leben verschwunden war und eine tiefe Narbe hinterlassen hat.


Quelle:
KNA