NRW-Piratenkandidat bezeichnet Kampagne gegen Karfreitagsruhe als Fehler

Späte Einsicht

NRWs oberster Pirat distanziert sich im Nachhinein von der parteieignen Kampagne gegen die Karfreitagsruhe. "Ehrlich gesagt habe ich mich über die Karfreitagsaktion der hessischen Kollegen ein bisschen geärgert, auch wenn ich dafür jetzt vielleicht einen Shitstorm ernte", so Joachim Paul, der sich selbst als Agnostiker bezeichnet. Eine staatliche Eintreibung der Kirchensteuer geht dem Politiker nach wie vor gegen den Strich.

 (DR)

Mit einem "Tanzmob" wollte die Piratenpartei in Hessen gegen die Karfreitagsruhe protestieren. Dies wurde jedoch gerichtlich untersagt. Diese Kampagne kritisierte der Spitzenkandidat der Piraten in Nordrhein-Westfalen, Joachim Paul, am Mittwoch in Dortmund. Wer an dem Tag unbedingt tanzen wolle, könne in seinem Partykeller ja eine "Karfreitagsparty" schmeißen.



Freiwillige Rücksicht statt Vorschriften

Im Prinzip entspreche der Versuch, das öffentliche Tanzverbot an stillen Feiertagen auszuhebeln, zwar dem gesellschaftlichen Verständnis seiner Partei. "Es geht darum, dass man freiwillig aufeinander Rücksicht nimmt, nicht weil das so vorgeschrieben ist", so Paul. Die Regelung reize Menschen in einer säkularen Gesellschaft zum Widerstand. Sein Gefühl sage ihm aber, dass der Angriff auf die Karfreitagsruhe ein Fehler gewesen sei. Rücksichtnahme auf die religiösen Gefühle anderer sei für die Piratenpartei ein hoher Wert.



Die Piratenpartei in Hessen hatte Anfang April vergeblich versucht, ein Verbot von Tanz-Demonstrationen durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts außer Kraft zu setzen. Das Gericht wies den Fall wegen formaler Mängel ab.



Der 54-Jährige Paul, der sich selbst als Agnostiker bezeichnet, widersprach dem Eindruck, dass die Piraten die Kirchen ins Fadenkreuz nehmen wollten. Es gebe in der Partei neben vielen Atheisten und Humanisten auch tiefreligiöse Christen, "die laut zu ihrem Glauben stehen und aus christlicher Motivation Politik machen". Auch sei der Respekt vor den christlichen Wurzeln der freiheitlichen Kultur Europas in der Partei groß.



Strikte Trennung von Staat und Kirche

Die Aufgaben von Staat und Kirche müssten aber in einem säkularen System strikt getrennt bleiben. Diesem Grundsatz laufe in Deutschland die staatliche Eintreibung der Kirchensteuer zuwider. Allerdings müsse auch die Forderung nach Abschaffung der Kirchenabgabe im Parteiprogramm überdacht werden, wenn dies zulasten des Sozialstaats gehen würde.