Diakon Willibert Pauels über Toleranz

Warum Toleranz nicht der Königsweg ist

An diesem Mittwoch ist der internationale Tag der Toleranz. Der Kabarettist, Büttenredner und katholische Diakon Willibert Pauels erklärt gegenüber domradio.de, warum Religion Toleranz braucht und warum sie auch beim Humor notwendig ist.

Willibert Pauels / © Michael Schopps (privat)
Willibert Pauels / © Michael Schopps ( privat )

domradio.de: Du bist ja jemand, für den Humor fast so etwas wie ein Lebenselixier ist. Man muss aber sagen: Für einen guten Humor braucht man auch ordentlich Toleranz, oder?

Willibert Pauels (Diakon und Büttenclown): Natürlich. Das ist eine der Grundvoraussetzungen! Wobei die edelste Form der Toleranz die Toleranz sich selber gegenüber ist: über sich selber lachen zu können, sich selber nicht wichtig nehmen zu können. Wenn diese Fähigkeit nicht kultiviert und gefördert wird, dann kommen wir auf ein sehr gefährliches Gebiet. Denn Fundamentalisten und Ideologen erkennt man daran, dass sie nicht über sich selber lachen können. Dass sie eine unglaubliche Intoleranz im Blick auf ihre eigene Sichtweise haben.

domradio.de: Die katholische Kirche muss sich ja schon mal den Vorwurf anhören, sie habe dem Humor gegenüber nicht sonderlich viel Toleranz. Was meinst du denn als Mann vom Fach: Wieviel Humor verträgt Religion?

Pauels: Eine Religion, die keinen Humor verträgt, vergiftet und macht krank. Wir sehen es ja leider an den fundamentalistischen Auswüchsen von Religion, wenn sie fanatisch und humorlos daherkommt. Für mich ist das sogar ein Lackmustest. Wenn mir jemand von seiner Weltanschauung oder seiner Religion erzählt, ist meine erste Frage immer: "Kennst du denn auch einen Witz über deine Religion?" Und wenn er dann spontan einen Witz zum Besten gibt, dann ist alles in Ordnung. Wenn dann aber eine Empörung in die Augen steigt und er sagt, das dürfe man nicht tun, dann ist große Vorsicht geboten. Die humorvolle Toleranz ist ein Lackmustest dafür, ob etwas gesund ist oder krank macht.

domradio.de: Gibt es denn so Alltagssituationen, in denen du manchmal denkst: Da hätte ich jetzt aber etwas mehr Toleranz erwartet?

Pauels: Immer dann, wenn zum Beispiel Political Correctness eine dermaßen scharfe, humorlose intolerante Dimension bekommt. Das ist paradoxerweise glaube ich auch eine der Ursache für die Wahl von Trump. Wenn die Leute mit Political Correctness regelrecht terrorisiert werden, wenn ihnen dauernd wie von einem Blockwart oder Inquisitor Empörung entgegengebrüllt wird, sagen die Leute irgendwann, es reicht. Und dann entwickeln sie vielleicht auch leider Sympathien für einen chauvinistischen Drecksack wie Trump. Die Leute sehnen sich nach Politikern zurück, die sich trauen, Tacheles zu reden - auch wenn sie intolerant sind. Weil es für viele befreiend wirkt.

domradio.de: Ist denn Toleranz der Königsweg?

Pauels: Auf keinen Fall! Es gibt das Paradoxon des Philosophen Karl Popper: Uneingeschränkte Toleranz führt zur Auflösung der Toleranz. Ein toleranter demokratischer Staat muss sich also mit seinen demokratischen Mitteln wehrhaft zeigen gegenüber Intoleranz. Sonst löst sich die Toleranz auf - und die Demokratie.


Quelle:
DR