Rabbiner warnen vor Verdrängung jüdischen Lebens aus Europa

Sorge um Schächtung und Beschneidung

Angesichts von Debatten um das Schächten in mehreren Ländern Europas warnen Rabbiner vor einer schleichenden Verdrängung jüdischen Lebens. Es sei wichtig, grundlegende religiöse Freiheiten zu wahren, betonte Pinchas Goldschmidt.

Mann mit Kippa / © Harald Oppitz (KNA)
Mann mit Kippa / © Harald Oppitz ( KNA )

Sonst werde es kein jüdisches Leben mehr in Europa geben, sagte der Vorsitzende der Europäischen Rabbinerkonferenz am Donnerstag bei einer digitalen Tagung in Berlin zu 1.700 Jahren jüdischem Leben in Deutschland und Religionsfreiheit in Europa.

Schächtung und Beschneidung

Die Frage der Schächtung, also des rituellen Schlachtens von Tieren ohne Betäubung, und auch die der Beschneidung seien zentral. Gesetze gegen die jüdische Praxis seien kein geringeres Problem als islamistischer Terror gegen jüdische Einrichtungen und Juden.

Goldschmidt forderte Deutschland auf, die Rechte von Minderheiten zu schützen, damit es eine jüdische Zukunft in Europa gebe.

Der Wiener Rabbiner Schlomo Hofmeister sagte, es werde immer wieder unbegründet behauptet, dass es Konflikte gebe. "Das Postulat, dass es sich bei der Schächtung um eine mit dem Tierschutz nur kompromisshaft vereinbare Schlachtmethode handelt, ist einfach absurd und unbegründet." Hier wäre mehr Aufklärung nötig. Auch würden Beschneidungen nach medizinischen Standards und nicht nach archaischen Methoden durchgeführt.

Barley: Kein Grundrecht ohne Einschränkung

Die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Katarina Barley, sagte, es gebe eine zunehmende Bedrohung "für religiöses Leben, insbesondere jüdisches und muslimisches Leben, der wir uns politisch und gesellschaftlich mit allem entgegenstemmen müssen, was wir haben". Zugleich betonte sie, dass es aus juristischer Sicht kein einziges Grundrecht gebe, das ohne Einschränkung gelte. Auch Religionsfreiheit gelte nicht ohne Einschränkungen durch andere Verfassungs- und Grundrechte.

Der Beauftragte der Bundesregierung für Religionsfreiheit, Markus Grübel, betonte hingegen: "Es gibt Positionen, die sind für gläubige Muslime, Juden, Christen unverhandelbar." Sie gehörten zum Kern der Religion. Grübel beklagte eine höfliche und freundliche Art der Religionsfeindlichkeit, die die Religion herausdränge. Wenn jüdisches und muslimisches Leben zu Deutschland gehöre, dann müssten auch die Riten und Gebräuche zu Deutschland gehören und gesetzlich ermöglicht werden.


Oberrabiner Pinchas Goldschmidt / © Heike Lyding (epd)
Oberrabiner Pinchas Goldschmidt / © Heike Lyding ( epd )
Quelle:
KNA