Knobloch fordert Antisemitismusbeauftragten für Deutschland

Mehr Ehrlichkeit im Umgang mit Antisemitismus

Es könnte das "ersehnte Signal" sein: Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München, Charlotte Knobloch, fordert einen Antisemitismusbeauftragten in Deutschland.

Charlotte Knobloch / © Peter Kneffel (dpa)
Charlotte Knobloch / © Peter Kneffel ( dpa )

Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, fordert einen Antisemitismusbeauftragten für Deutschland. Ein solcher, im Kanzleramt angesiedelter Beauftragter wäre das "ersehnte Signal", das die jüdischen Menschen mit ihren Sorgen und Warnungen ernst genommen würden, erklärte Knobloch am Sonntag in Dachau. Sie sprach bei der Gedenkveranstaltung zum 72. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers.

Angesichts der antisemitischen Vorfälle in jüngster Zeit und der Befunde im neuen Expertenbericht im Auftrag der Bundesregierung plädierte Knobloch für ein rasches Handeln. Maßnahmen, um dem Antisemitismus wirksam zu begegnen, müssten noch vor der Bundestagswahl erfolgen. Bei der Gedenkstunde am jüdischen Mahnmal in der KZ-Gedenkstätte kritisierte sie die "Halbherzigkeit", mit der die "offenkundigen Fehlentwicklungen und Rückschritte hierzulande und in ganz Europa" nicht entschlossen bekämpft würden. Von Politik und Zivilgesellschaft forderte sie mehr Engagement und Ehrlichkeit im Umgang mit dem erstarkenden Antisemitismus.

Aus Geschichte zu lernen

Aus der Geschichte zu lernen, bleibe die Aufgabe der Menschen von heute, so Knobloch weiter, die auch Beauftragte des World Jewish Congress für das Holocaustgedenken ist. In diesen Jahren, in denen es immer weniger Zeitzeugen als "Säulen der Erinnerung" gebe und in denen sich das Schicksal Europas entscheide und auch die Bundesrepublik vor zentralen Weichenstellungen des 21. Jahrhunderts stehe, wünschte sie sich mehr Mut. Nötig sei mehr Leidenschaft für "Einigkeit und Recht und Freiheit".

Zugleich kritisierte die Präsidentin, dass der Begriff "Populismus" verharmlost werde. "Weder Pegida und Co. noch AfD oder Front National sind Populisten." Der Begriff sei zu schwach, er decke die gefährlichen Phänomene nicht ab, die die Gesellschaft mit Hass und Hetze kontaminierten und die Europäische Union - "das Jahrhundert-Friedens-Projekt» zerstören wollten. "Nationalismus bleibt Nationalismus. Antisemitismus bleibt Antisemitismus. Rassismus bleibt Rassismus - das blaue Deckmäntelchen kann den braunen Kern der AfD nicht verdecken.»

Erstes KZ

In Dachau errichteten die Nationalsozialisten bereits kurz nach ihrer Machtübernahme 1933 das erste deutsche Konzentrationslager, das zum Muster für weitere wurde. Die Zahl der Todesopfer in dem KZ wird auf weit über 30.000 geschätzt.


Quelle:
KNA