Merkel mit Abraham-Geiger-Preis ausgezeichnet

"Absage an jede Form von Antisemitismus"

Angela Merkel ist mit dem diesjährigen Abraham-Geiger-Preis für ihre Verdienste um das Judentum ausgezeichnet worden. "Ich werde es immer ernst nehmen, wenn sie ihre Sorgen zum Antisemitismus zum Ausdruck bringen", sagte Merkel.

Josef Schuster mit Angela Merkel / © Bernd von Jutrczenka (dpa)
Josef Schuster mit Angela Merkel / © Bernd von Jutrczenka ( dpa )

Die Auszeichnung sei für sie eine große Ehre sowie Ansporn und Verpflichtung zugleich, sich weiter für das Zusammenleben der Kulturen und Religionen in Deutschland einzusetzen.

Es sei eigentlich ein Wunder, dass es in Anbetracht der deutschen Geschichte wieder ein so vielfältiges und reiches jüdisches Leben in Deutschland gebe, gab Merkel zu bedenken. Auch alle Asylsuchenden, die nach Deutschland kämen und blieben, müssten die deutschen Rechte und Werte anerkennen, darunter auch "die Absage an jede Form von Antisemitismus". Zugleich räumte die Kanzlerin ein, dass die Integration keine einfache Aufgabe sei. "Integration braucht Zeit und Geduld." Sie biete aber zugleich eine große Chance und sei an sich nichts Negatives, so Merkel weiter. "Ja, unser Land wird sich verändern."

Zentralratspräsident Schuster dankt für Rückhalt Merkels

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, bedankte sich bei der Unterstützung und dem Rückhalt der Kanzlerin. "Sie lassen keinen Zweifel daran aufkommen, dass sie die besondere Verantwortung Deutschlands für Israel sehr ernst nehmen." Zugleich bekräftigte Schuster angesichts der hohen Zahl an Flüchtlingen und einer Debatte um eine Obergrenze, dass es "zum jüdischen Selbstverständnis Menschen in Not zu helfen und ihnen Schutz zu gewähren".

Der Direktor des Jüdischen Museums Berlin, Peter Schäfer, hob angesichts der "brennenden Aktualität" die Bedeutung der Grundwerte wie Pluralismus, Offenheit, Mut und Toleranz hervor. Diese Werte vertrete die Kanzlerin und habe sich darum verdient gemacht. "Sie haben ihre Stimme erhoben und erheben sie weiterhin."

Zahlreiche Gäste aus christlichen Kirchen

Unter den Gästen waren neben Botschaftern, Politikern und Vertretern aus Kultur und Gesellschaft auch zahlreiche Vertreter der christlichen Kirchen, darunter der Apostolische Nuntius in Deutschland, Nikola Eterovic, sowie Vertreter muslimischer Verbände. Die Laudatio hielt der Religionssoziologe und Professor an der Georgetown University, Jose Casanova.

Den mit 10.000 Euro dotierten Preis vergibt das Kolleg seit 2000 alle zwei Jahre für Verdienste um das Judentum. Die Ausbildungsstätte für Rabbiner ist ebenso wie ihre Auszeichnung nach dem Rabbiner Abraham Geiger (1810-1874) benannt, der als Vordenker des Reformjudentums gilt. Die Kanzlerin lässt das Preisgeld dem jüdischen Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerk für Projekte im interreligiösen Dialog zugutekommen. Frühere Preisträger sind unter anderen die ehemalige Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU), Kardinal Karl Lehmann und der Theologe Hans Küng.

Schuster fühlt sich bei Flüchtlings-Obergrenze missverstanden

Im Rahmen der Verleihung erklärte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, er fühle sich bei seiner Aussage zu einer möglichen Flüchtlings-Obergrenze missverstanden. "Denn es gehört zum jüdischen Selbstverständnis, Menschen in Not zu helfen und ihnen Schutz zu gewähren".

Ihm sei es in dem Interview besonders um den Gedanken gegangen, dass die Flüchtlinge auch in die Gesellschaft integriert werden müssten, erklärte Schuster. Es bestehe jedoch in jüdischen Gemeinden die "begründete Sorge", dass der Antisemitismus, der in einigen Heimatländern der Flüchtlinge Alltag sei, auch nach Deutschland mitgebracht werde, wenn die Integration aufgrund einer zu hohen Zahl an Flüchtlingen nicht gelinge. "Deshalb sollte unser Ziel eine europäische Lösung sein", so der Zentralratspräsident.

In einem Interview der "Welt" hatte Schuster jüngst gesagt: "Über kurz oder lang werden wir um Obergrenzen nicht herumkommen." Dafür erntete der Zentralrats-Präsident Kritik. Im selben Interview verwies er auf die Herausforderungen bei der Integration besonders von Neuankömmlingen aus dem Nahen Osten. Viele Flüchtlinge entstammten Kulturen, "in denen der Hass auf Juden und die Intoleranz ein fester Bestandteil ist".

 

Quelle:
KNA