Positive Reaktionen auf Pläne für Beschneidungsgesetz

Arbeitsgrundlage angenommen

Die Eckpunkte des Bundesjustizministeriums für ein Gesetz zur Beschneidung von Jungen stoßen bisher überwiegend auf Zustimmung. Das Papier sei eine "vernünftige und gute Arbeitsgrundlage" sagte der Generalsekretär des Zentralrats der Juden, Stefan Kramer.

 (DR)

Nach dem Ministeriums-Papier, das am Dienstag Bundesländer und Verbände erhielten, soll die Jungenbeschneidung grundsätzlich straffrei bleiben, wenn der Eingriff medizinisch sachgerecht geschieht. Die ergänzende Regelung soll im Kindschaftsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches verankert werden. Das Papier unterscheidet nicht zwischen religiösen und nichtreligiösen Motiven der Eltern für eine Beschneidung, stellt den Eingriff aber unter den Vorbehalt des Kindeswohls.



"Vernünftige und gute Arbeitsgrundlage"

Das Papier sei eine "vernünftige und gute Arbeitsgrundlage" sagte der Generalsekretär des Zentralrats der Juden, Stefan Kramer, der "Berliner Zeitung" (Mittwoch). Es beende zwar nicht die Debatte, sei jedoch ein richtiges Signal für die Juden in Deutschland, dass diese für sie so wichtige Frage nicht im Strafrecht, sondern im Familienrecht geregelt werde.



Auch der Zentralrat der Muslime (ZMD) begrüßte die Betonung der Straffreiheit. "Die Überprüfung der religiösen Motivation würde einer staatlichen Gesinnungsprüfung gleichkommen", sagte ZMD-Generalsekretärin Nurhan Soykan in Köln. Die Anknüpfung an den Kindeswohlvorbehalt bedürfe aber noch einer Konkretisierung. Zudem sei die Regelung zu prüfen, wonach Eingriffe bei Kindern bis zum Alter von sechs Monaten nicht der Arztpflicht unterlägen, danach aber schon.



Regierung: Ende der Verunsicherung

Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte, die Eckpunkte gewährleisteten die Freiheit zur Religionsausübung. Durch das Gesetz werde die Verunsicherung von jüdischen und muslimischen Mitbürgern beendet.



Auch die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Christine Lambrecht, bezeichnete den aufgezeigten Weg über das elterliche Sorgerecht als "gangbar". Allerdings sei zu überlegen, vor der Beschneidung eine Bescheinigung über eine kinderärztliche Untersuchung einzufordern.



"Entsetzt" zeigte sich dagegen der Verband der Kinder- und Jugendärzte über den Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums zur Straffreiheit von Beschneidung. Im Gespräch mit der "Frankfurter Rundschau" (Donnerstag) kritisierte sein Präsident Wolfram Hartmann, Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) lasse "das Kindeswohl hinter dem Elternrecht und dem Recht auf Religionsfreiheit zurück stehen". Das Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit stehe über dem Elternrecht und Religionsfreiheit.



Fachgerechte Beschneidung vorgesehen

In dem Eckpunkte-Papier sind laut einem Ministeriumssprecher mehrere Anforderungen an eine Beschneidung berücksichtigt. Sie müsse fachgerecht vorgenommen werden und dürfe nur nach umfassender Aufklärung erfolgen. Eine Ausnahmeregelung greife, wenn im Einzelfall das Kindeswohl gefährdet sei, etwa bei gesundheitlichen Risiken bei Blutern. In der Regel soll die Beschneidung von Ärzten vorgenommen werden. Innerhalb der ersten sechs Monate könne sie aber von Personen ausgeführt werden, die von ihrer Religionsgemeinschaft dafür vorgesehen seien, erklärte der Sprecher. Diese müssten die Beschneidung genauso gut wie ein Arzt beherrschen.



Das Kölner Landgericht hatte im Mai die Beschneidung von Jungen ohne medizinische Notwendigkeit als strafbare Körperverletzung gewertet. Dies hatte heftige Proteste von Juden und Muslimen ausgelöst, für die das Beschneiden von Jungen kurz nach der Geburt - bei Muslimen je nach Ausrichtung bis etwa zum Ende der Grundschulzeit - ein wesentliches Glaubensgut darstellt.



Das Bundesjustizministerium hat die angeschriebenen Verbände und Fachleute um eine Stellungnahme bis zum 1. Oktober gebeten. Noch im Herbst 2012 will die Bundesregierung dem Bundestag einen fertigen Gesetzentwurf vorlegen.