Für das ambitionierte Vorhaben suchen die Initiatoren nun Spender und Sponsoren, wie der Trägerverein am Freitag nach einem Architektenwettbewerb bekanntgab.
Projektträger ist die Evangelische Kirchengemeinde Sankt Petri-Sankt Marien zusammen mit der Jüdischen Gemeinde, dem Rabbiner ausbildenden Abraham-Geiger-Kolleg und dem muslimischen "Forum für Interkulturellen Dialog" (FID). Vier Jahre nach den ersten Überlegungen liegt nun ein Baukonzept vor. Es stammt vom Berliner Büro Kühn Malvezzi. Bei dem internationalen Architektenwettbewerb für das "Bet- und Lehrhaus" erhielt es den ersten Preis.
Getrennt beten, aber Raum zum Dialog
Der Siegerentwurf ging aus dem Verfahren "mit Abstand und großer Souveränität" hervor, wie der Vorsitzende des Preisgerichts, Hans Kollhoff, betonte. Das Votum der Jury fiel einstimmig. "Das grenzt an ein Wunder", sagt auch der Vorstandsvorsitzende des Trägervereins, Pfarrer Gregor Hohberg. Denn nach Kollhoffs Worten war "eine harte Nuss zu knacken". Das Gotteshaus soll den beteiligten Religionen ermöglichen, getrennt zu beten, ihnen aber auch Raum zum Dialog geben. Anders als schon bestehende multireligiös genutzte Räume etwa in Flughäfen soll das Gotteshaus zudem von außen als Sakralbau "in zeitgenössischer Architektur" erkennbar sein.
Diese Vorgabe erfüllt der Siegerentwurf durch einen zentralen Saal mit Kuppel und weitere Sakralräume für die drei Religionen. Insgesamt wird das "Bet- und Lehrhaus" mit 44 Meter doppelt so hoch wie die Bauten der Umgebung, wie Architekt Johannes Kühn erläutert. Von ihnen soll es sich zudem durch helle Sichtziegel abheben.
Rabbiner Tovia Ben-Chorin von der Jüdischen Gemeinde ist begeistert. "Das runde Foyer steht für die ideale Welt, die wir anstreben, die verschieden gestalteten Sakralräume für die Identitätsunterschiede unserer drei Religionen", interpretiert er das Konzept. Ercan Karakoyun vom "Forum für Interreligiösen Dialog" sieht zudem in den "hellen Lichtverhältnissen" das angestrebte friedliche Zusammenleben symbolisiert.
Geschichtsträchtiger Ort
Entstehen soll der Bau an einem geschichtsträchtigen Ort. Auf dem Petriplatz, an der Ecke von Breiter Straße und Gertraudenstraße, befand sich das Zentrum des mittelalterlichen Berlin mit der evangelischen Sankt-Petri-Kirche. Die DDR-Regierung hatte die Ruine des Gotteshauses nach dessen Zerstörung im Zweiten Weltkrieg 1964 beseitigen lassen. Jüngste Ausgrabungen legten die Fundamente der Kirche frei, auf denen nun das interreligiöse Zentrum entstehen soll.
Wenn es den Wirklichkeit wird, können ihm Besucher auch buchstäblich aufs Dach steigen. Das Baukonzept sieht eine Aussichtsplattform in 32 Meter Höhe vor, rund 10 Meter über der üblichen Berliner Gebäudehöhe. "So kommen auch Besucher, die nicht viel mit Religion zu tun haben, und werden vielleicht neugierig", wirbt Architekt Kühn.
Auf Arbeitsebene auch Kontakt mit Katholiken
Viele Fragen sind allerdings noch offen. Außer Baukosten und Finanzierung etwa, wer den Bau dauerhaft "bespielen" soll. Rabbiner Ben-Chorin denkt an eine Gemeinschaft von Studierenden, die sich in der Nähe ansiedelt. Der FID-Vorsitzende Karakoyun hofft darauf, dass das Projekt auch andere muslimische Gruppierungen anzieht. Roland Stolte vom Trägerverein betont, dass auch weitere Unterstützer eingeladen sind. So gibt es "auf der Arbeitsebene" auch Kontakte mit der katholischen Kirche.
Die Grundstücksfrage scheint immerhin geklärt. Nach dem Abriss der Sankt-Petri-Kirche enteigneten die DDR-Behörden das Areal. Nun bestehen nach Angaben von Pfarrer Hohberg gute Aussichten, dass die Kirche es zurückerhält.
Hinweis: Die Architekturentwürfe sind ab 14. September in der Parochialkirche ausgestellt.
Erstes interreligiöses Gotteshaus bundesweit nimmt Gestalt an
Dialogzentrum mit Aussicht
Das Projekt des bundesweit ersten gemeinsamen Gotteshauses dreier Religionen kommt voran. Im Zentrum Berlins soll ein gestaffelter Ziegelbau in kubischen Formen Gestalt annehmen. Wann das "Bet- und Lehrhaus Petriplatz" von Juden, Christen und Muslimen steht, ist allerdings noch ungewiss. Für das ambitionierte Vorhaben suchen die Initiatoren nun Spender und Sponsoren.
Share on