Forderungen nach politischen Konsequenzen werden lauter

Sarrazin polarisiert

Die Rufe nach Konsequenzen für Bundesbank-Vorstand und SPD-Mitglied Thilo Sarrazin werden immer lauter. Bundeskanzlerin Angela Merkel nannte die Äußerungen Sarrazins zu Muslimen und Juden als "vollkommen inakzeptabel". Noch am Montag wollte sich die SPD-Spitze mit dem Thema befassen.

Autor/in:
Joachim Heinz
 (DR)

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles stellte klar: "Seine Auffassungen sind weit abgedriftet von den Werten der Sozialdemokratie und dem Konsens unserer Demokratie."



Sarrazin sei zu einer unerträglichen Belastung für eine öffentliche Institution wie die Bundesbank und damit für das Ansehen der Bundesrepublik geworden, sagte der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Frank Bsirske. Seine jüngsten Äußerungen seien eine intellektuelle Zumutung und gerade vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte nicht hinnehmbar.



SPD-Präsidiumsmitglied Ralf Stegner sieht derweil die Erfolgsaussichten eines Parteiausschlussverfahrens mit den jüngsten Aussagen deutlich gestiegen. Stegner sagte, das Vorstandsmitglied der Bundesbank habe "mit seinen offen menschenverachtenden Ansichten in der SPD keinen Platz mehr". Die beste Lösung wäre, Sarrazin würde die Partei von sich aus verlassen, sagte der Vorsitzende der Sozialdemokraten in Schleswig-Holstein.



Auch die CSU ging klar auf Distanz zu Sarrazin. "Der Typ hat einen Knall", sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt. Er forderte zugleich eine Debatte über Fehler bei der Integration. "Man muss über Integration in Deutschland diskutieren." Vor allem müsse man über "den mangelnden Integrationswillen von türkischstämmigen und muslimischen Migranten, wie ihn der Integrationsbericht der Bundesregierung offenlegt", sprechen, sagte der CSU-Politiker.



Sarrazin hatte mit Aussagen über die Integrationsfähigkeit von Moslems und Gene von Juden Protest auf sich gezogen. Am Montag wollte er in Berlin sein Buch "Deutschland schafft sich ab" vorstellen, das im DVA Verlag München erschienen ist. Darin wirft er muslimischen Migranten vor, sich nicht in die Gesellschaft integrieren zu wollen und mehr Kosten zu verursachen, als Nutzen zu bringen.



Ein Bündnis "Rechtspopulismus stoppen!" kündigte Proteste vor dem Haus der Bundespressekonferenz in Berlin an, wo die Buchpräsentation stattfinden soll. Die Veranstaltung unter dem Motto "Kein Podium für geistige Brandstifter" wird von Politikern der SPD und Grünen unterstützt.



Rückendeckung bekam Sarrazin derweil von DDR-Rocker André Herzberg. Der jüdische Musiker, Frontmann der Band Pankow, sagte: "Wenn die Deutschen sich ein Tabu auferlegen, kommen sie in Teufels Küche. Die von Sarrazin angesprochenen Probleme gibt es." DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach hingegen warf dem SPD-Mitglied Sarrazin vor, sich zum Sprecher "übelsten Rassismus und Antisemitismus" zu machen.