Papst räumt Pannen ein und verteidigt Zugehen auf Pius-Brüder - Deutsche Bischöfe erfreut

"Sprungbereite Feindseligkeit"

In einem ungewöhnlichen Schritt hat sich Papst Benedikt XVI. an alle katholischen Bischöfe weltweit gewandt und in einem persönlichen Brief die Begnadigung der Bischöfe der Pius-Bruderschaft erläutert. In dem am Mittwoch vorab in der Internetausgabe der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" veröffentlichten Schreiben räumt das Kirchenoberhaupt Pannen ein, rechtfertigt aber seine entgegenkommende Haltung zu den Piusbrüdern als Geste der Versöhnung. Die deutschen Bischöfe bedanken sich, der Zentralrat der Juden ist nun fast zufrieden.

Benedikt XVI.: Beklagt auch fehlendes Wohlwollen (KNA)
Benedikt XVI.: Beklagt auch fehlendes Wohlwollen / ( KNA )

Die Aufhebung der Exkommunikation habe zu einer Auseinandersetzung «von einer Heftigkeit geführt, wie wir sie seit langem nicht mehr erlebt haben», schreibt der Papst. Er bedauerte die Überlagerung der Aufhebung der Exkommunikation der vier Traditionalisten-Bischöfe mit dem Fall des Holocaust-Leugners Richard Williamson. Diese Panne habe den Frieden zwischen Christen und Juden sowie den Frieden in der Kirche für einen Augenblick gestört; er bedauere das zutiefst.

Zugleich beklagt das Kirchenoberhaupt, dass «auch Katholiken, die es eigentlich besser wissen konnten, mit sprungbereiter Feindseligkeit auf mich einschlagen zu müssen glaubten». Er habe gelegentlich den Eindruck gehabt, dass er selber ohne Scheu und Zurückhaltung mit Hass bedacht worden sei. Um so mehr danke er «den jüdischen Freunden, die geholfen haben, das Missverständnis schnell aus der Welt zu schaffen und die Atmosphäre der Freundschaft und des Vertrauens wiederherzustellen».

Als Panne bezeichnet es der Papst ferner, dass der Vatikan Berichte über die Holocaust-Leugnung Williamsons im Internet nicht rechtzeitig zur Kenntnis genommen habe. «Ich lerne daraus, dass wir beim Heiligen Stuhl auf diese Nachrichtenquelle in Zukunft aufmerksamer achten müssen.»

Mit Blick auf die Pius-Bruderschaft unterstreicht der Papst, dass die Aufhebung der Exkommunikation der vier Bischöfe keine vollständige Rehabilitierung der Vereinigung bedeute. «Solange die doktrinellen Fragen nicht geklärt sind, hat die Bruderschaft keinen kanonischen Status in der Kirche und solange üben ihre Amtsträger, auch wenn sie von der Kirchenstrafe frei sind, keine Ämter rechtmäßig in der Kirche aus.» Als konkrete Reform kündigt Benedikt XVI. eine enge Verbindung der für die Traditionalisten zuständigen Päpstlichen Kommission «Ecclesia Dei» mit der Glaubenskongregation an. Damit solle deutlich werden, dass die jetzt zu behandelnden Probleme wesentlich lehramtlicher Natur sind, weil sie vor allem die Annahme des II. Vatikanischen Konzils und des nachkonziliaren Lehramts der Päpste betreffen.

In Richtung Pius-Bruderschaft betont der Papst, dass «man die Lehrautorität der Kirche nicht im Jahr 1962 einfrieren» könne. «Aber manchen von denen, die sich als große Verteidiger des Konzils hervortun, muss auch in Erinnerung gerufen werden, dass das II. Vaticanum die ganze Lehrgeschichte der Kirche in sich trägt. Wer ihm gehorsam sein will, muss den Glauben der Jahrhunderte annehmen und darf nicht die Wurzeln abschneiden, von denen der Baum lebt».

Grundsätzlich verteidigt Benedikt XVI. noch einmal sein als Versöhnungsschritt gedachtes Zugehen auf die Pius-Bruderschaft.
«Dass die leise Gebärde einer hingehaltenen Hand zu einem großen Lärm und gerade so zum Gegenteil von Versöhnung geworden ist, müssen wir zur Kenntnis nehmen», betont er. Durch die Versöhnungsgeste wolle er jedoch versuchen, Radikalisierungen zuvorzukommen und Verkrampfungen zu lösen. «Kann uns eine Gemeinschaft ganz gleichgültig sein, in der es 491 Priester, 215 Seminaristen, 6 Seminare, 88 Schulen, 2 Universitäts-Institute, 117 Brüder und 164 Schwestern gibt? Sollen wir sie wirklich beruhigt von der Kirche wegtreiben lassen?»

Deutsche Bischöfe äußern Dankbarkeit
Mit Erleichterung hat die Deutsche Bischofskonferenz das Schreiben von Benedikt XVI. aufgenommen. «Wir sind dem Heiligen Vater für seinen freimütigen Brief sehr dankbar», heißt es in einer am Mittwoch in Bonn veröffentlichten Erklärung des Bischofskonferenz-Vorsitzenden, Erzbischof Robert Zollitsch.

Es handele sich um «ein Dokument des brüderlichen Umgangs mit uns Mitbischöfen, der geistlichen Unterscheidung und der ehrlichen Rechenschaft gegenüber allen Gläubigen», betonte Zollitsch, der in den nächsten Tagen im Vatikan zu einem persönlichen Gespräch mit dem Papst zusammentrifft. «Seine Worte bewegen mich, sie wirken klärend und motivierend,» so der Freiburger Erzbischof.

Dem Papst gehe es darum, nochmals die Gründe darzulegen, die ihn zur Aufhebung der Exkommunikation von vier Bischöfen der Pius-Bruderschaft bewogen hätten, so Zollitsch. Dies geschehe «mit großer Offenheit». Im Namen der Bischöfe wolle er Benedikt XVI. «unseren respektvollen Dank für seinen Brief» persönlich übermitteln.

Zollitsch beklagte in seiner Stellungnahme eine «Indiskretion der Medien». Diese habe dazu geführt, dass das päpstliche Schreiben, dessen Veröffentlichung eigentlich für Donnerstag geplant gewesen war, bereits einen Tag zuvor publiziert worden sei.  
Zentralrat: Respekt und Hochachtung, aber auch Kritik
Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat auf den Brief von Papst Benedikt XVI. mit «Respekt und Hochachtung», aber auch mit Kritik reagiert. Dass sich das Kirchenoberhaupt in dieser ungewöhnlichen Weise an die Bischöfe und die Öffentlichkeit wende, sei eine besondere Geste, sagte Generalsekretär Stephan J. Kramer. Es bleibe aber ein Dissens mit Blick auf die Aufhebung der Exkommunikation der Pius-Bischöfe.

Die Pius-Bruderschaft, so Kramer, agiere in ihrer Gesamtheit antidemokratisch und extremistisch. Nach seinem gewiss laienhaften Verständnis könne es für solche Haltungen in der katholischen Kirche keinen Platz geben. Auch in den vergangenen Tagen habe der Distriktobere der Pius-Bruderschaft, Franz Schmidberger, weiter sein Unwesen getrieben. «Sie hetzen nach wie vor weiter», so der Generalsekretär.

Kramer würdigte das Engagement und den Ton des Papst-Briefes. Von jüdischer Seite habe es an dem Geist der Versöhnung Benedikt XVI. und an seinen hehren Absichten keine Zweifel gegeben.