Muslimische Verbände werten Hetze im Netz als sehr bedrohlich

"Gefährlicher Trend"

Hass und Hetze im Internet sind aus Sicht von muslimischen Verbänden in Europa eine zunehmende Bedrohung. Die meisten Verbände bewerteten Hetze im Netz als mindestens genauso gefährlich wie Angriffe oder Übergriffe auf der Straße.

Symbolbild Hass im Internet / © Nicoleta Ionescu (shutterstock)
Symbolbild Hass im Internet / © Nicoleta Ionescu ( shutterstock )

Das zeige eine aktuelle Umfrage, so der Beauftragte des Europarats gegen Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit, Daniel Höltgen, am Dienstag in Berlin. Er sprach von einem gefährlichen Trend. Es handele sich oft um Morddrohungen, Aufrufe zu Gewalt und verrohte Sprache, die nicht durch freie Meinungsäußerung gedeckt seien.

Die Hemmschwelle sinkt

Der überwiegende Teil der Verbände gab an, entsprechende Beiträge würden meist anonym verfasst. Zugleich lasse sich aber beobachten, dass die Hemmschwelle sinke und etwa häufiger Klarnamen genutzt würden.

Es sei fast schon akzeptabel in manchen Kreisen, Hassposts zu verschicken und damit die muslimische Gemeinschaft zu beleidigen, sagte Höltgen. Als häufigste erkennbare Verfasser seien Rechtsextreme, Rassisten und Einwanderungsgegner angegeben worden.

An der stichprobenartigen Umfrage waren unter anderem Verbände aus den Ländern mit den größten muslimischen Gemeinschaften - Deutschland, Frankreich und Großbritannien - beteiligt.

Kritik an staatlichen Stellen

Viele kritisierten, dass staatliche Stellen nicht genug für den Schutz von Muslimen täten, erklärte der Beauftragte.

So würden muslimfeindliche Vorfälle unzureichend erfasst, und in Strafverfolgungsbehörden und anderen öffentlichen Stellen herrsche ein mangelndes Bewusstsein für dieses Problem. Auch fehle bei vielen Politikern weiterhin die Bereitschaft, sich mit dem Thema zu beschäftigen.

Mazyek sieht Gefahr für Demokratie

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, kritisierte ebenfalls, dass antimuslimischer Rassismus noch zu wenig erfasst und erforscht werde. Die Entwicklung sei besorgniserregend.

So seien im vergangenen Jahr mehr als 1.000 islamfeindliche Straftaten in Deutschland erfasst worden.

Mazyek mahnte, Muslimfeindlichkeit wie auch Hass auf Sinti und Roma oder Juden nicht nur als Bedrohung für die jeweilige Gemeinschaft, sondern als Gefahr für Demokratie und Freiheit anzusehen.

Zwar habe die Mehrheit der Gesellschaft keine Sympathien für Extremismus, sie müsse aber mehr dagegen tun, forderte der Zentralratsvorsitzende.


Aiman Mazyek / © Markus Nowak (KNA)
Aiman Mazyek / © Markus Nowak ( KNA )
Quelle:
KNA
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