Bundespräsident Gauck besucht öffentliches Fastenbrechen

Gemüsecurry und Gespräche

Joachim Gauck hat als erster Bundespräsident an einem öffentlichen Iftar-Essen, dem abendlichen Fastenbrechen im muslimischen Fastenmonat Ramadan teilgenommen. "Ein Miteinander ist möglich", sagt er bei der Begegnung mit Muslimen in Berlin-Moabit.

Autor/in:
Corinna Buschow
Bundespräsident Gauck bei öffentlichem Fastenbrechen / © Jörg Carstensen (dpa)
Bundespräsident Gauck bei öffentlichem Fastenbrechen / © Jörg Carstensen ( dpa )

Kurz nach 21 Uhr ist im diesjährigen Ramadan immer noch eine halbe Stunde Zeit bis zur ersten Mahlzeit des Tages. In einem kleinen Park im Berliner Stadtteil Moabit stehen am Montagabend gläubige Muslime schon Schlange an der Essensausgabe. Auch Bundespräsident Joachim Gauck sitzt bereits vor duftendem Gemüsecurry mit Reis und Hähnchen, Datteln und Wassermelone. Den ersten Bissen nimmt aber auch er erst nach 21:36 Uhr. Zuvor hat ein Gebetsruf offiziell den Sonnenuntergang verkündet.

Im Fastenmonat Ramadan essen und trinken gläubige Muslime erst dann. Das abendliche Fastenbrechen, Iftar genannt, ist täglich ein kleines Fest. Manche Gemeinden feiern es öffentlich, laden Nachbarn, Andersgläubige und auch Politiker ein. Joachim Gauck nahm am Montagabend als erster Bundespräsident an solch einem öffentlichen Iftar-Essen teil, gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Daniela Schadt.

Werbung für Miteinander

In seiner Begrüßungsansprache warb er für mehr Begegnungen wie diese zwischen Muslimen und Nichtmuslimen. "Ein Miteinander ist möglich", sagte das Staatsoberhaupt. Er sprach dem öffentlichen Fastenbrechen große Symbolkraft zu. Begegnungen zu fördern sei besonders wichtig in einer Zeit, in der sich auch gegenseitiges Misstrauen verbreite.

"Bei manchem ist die Angst vor dem islamistischen Terror zu einer Angst vor Muslimen geworden", sagte Gauck. In jüngster Zeit sei eine gesellschaftliche Polarisierung zu erleben. Zugleich wachse aber auch das Bemühen, Misstrauen und Distanz abzubauen, sagte der evangelische Theologe. Er höre zunehmend Stimmen von Muslimen, "die gegen die fundamentalistische Lesart des Koran ihr eigenes, friedliches Religionsverständnis setzen".

Der Ramadan sei der Monat der Barmherzigkeit und Nächstenliebe, sagte der Imam Abdallah Hajjir. In Moabit hat er den Moscheeverein "Haus der Weisheit" gegründet. Er würdigte das friedliche Zusammenleben in dem Berliner Stadtteil. Seine Moschee sei nicht nur ein Ort, an dem gepredigt und gebetet werde, sagte er. Die Gemeinde befindet sich in unmittelbarer Nähe zum Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales - der ersten Anlaufstelle für Flüchtlinge in der Bundeshauptstadt, die auch Hilfe von muslimischen Glaubensgeschwistern bekommen sollen. Die Moschee sei "Motor für zivilgesellschaftliches Engagement", sagte er.

Gespräche und Fotos

Viele der rund 500 Gäste beim Iftar-Essen drängen sich nach den Reden um den Bundespräsidenten, wollen ihm die Hand schütteln, ein Selfie knipsen oder wenigstens einen Schnappschuss aus der Ferne. Mehr als zwei Stunden bleibt Gauck bei dem Treffen, stellt sich geduldig für Gruppenbilder auf, redet, hört zu, findet kaum Zeit zum Essen.

Mitten im diplomatischen Streit um die Armenien-Resolution des Bundestags ist seine Teilnahme am Fastenbrechen ein Signal. Eine von türkischen Migranten geprägte Berliner Moschee hatte in der vergangenen Woche ein geplantes Iftar-Essen mit Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) wieder abgesagt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte im vergangenen Jahr erstmals an einem Fastenbrechen teilgenommen. Ein Termin für dieses Jahr ist noch nicht bekannt.


Quelle:
epd