Verhaltenskodex regelt Religionsausübung an Uni Hamburg

Keine lauten Gebete in der Bib

Ein neuer Verhaltenskodex der Universität Hamburg ruft dazu auf, die Religionsfreiheit und die Gleichberechtigung der Geschlechter auf dem Campus zu respektieren: "Die Religionsfreiheit der Einen kann nicht weiter reichen als die der Anderen."

Studenten bei einer Vorlesung / © Jens Kalaene (dpa)
Studenten bei einer Vorlesung / © Jens Kalaene ( dpa )

Religiöse Verhaltensweisen oder die Verwendung von religiösen Symbolen dürften nicht die Ausübung von Forschung, Lehre und Bildung beeinträchtigen, heißt es in dem Regelwerk. Die Verfasser fordern Respekt gegenüber Anders- und Ungläubigen.

An der Universität Hamburg wird es auch künftig kein allgemeines Burka-Verbot geben. Der neue Verhaltenskodex zur Religionsausübung untersage eine Vollverschleierung aber, wenn es den Wissenschaftsbetrieb beeinträchtigt, sagte Präsident Dieter Lenzen am Mittwoch bei der Vorstellung des Kodex'. Dazu zählten unter anderem Prüfungen, Labor-Praktika und medizinische Untersuchungen.

Das Tragen von religiösen Symbolen wie Kippa, Kreuz oder Schleier ist ausdrücklich erlaubt. Die Universität werde sich bei ihrer Veranstaltungsplanung aber nicht von Gebetszeiten leiten lassen, sagte Lenzen. Richtlinie seien die gesetzlichen Sonn- und Feiertagsbestimmungen. Lenzen: "Es ist aber niemandem verboten, den Raum zu verlassen."

Feste nur im "Raum der Stille"

Die Universität Hamburg sei bundesweit die erste, die mit Wissenschaftlern verschiedener Fachrichtungen ein Zehn-Punkte-Papier zur Religionsausübung erarbeitet habe. Beteiligt waren Religionswissenschaftler, Verfassungsjuristen, Psychologen sowie Vertreter der Studierenden. Ziel sei es gewesen, so Lenzen, die Religionsausübung weitgehend zu ermöglichen, ohne die Freiheit der Wissenschaft einzuschränken.

Laut gesprochene Gebete etwa in der Bibliothek sind demnach ebenso untersagt wie rituelle Fußwaschungen in sanitären Anlagen. Religiöse Feste dürfen ausschließlich in einem "Raum der Stille" stattfinden, den die Universität auch weiterhin auf dem Campus zur Verfügung stellt. Ein die Geschlechter trennender Vorhang, den muslimische Studenten dort angebracht hatten, ist laut den Ausführungen diskriminierend und wird nicht geduldet.

Verhaltenskodex nach Konflikten aufgestellt

Anlass zur Aufstellung des Verhaltenskodex' war laut Universitätspräsident Lenzen eine Reihe von Konflikten, die sich in jüngster Zeit auf dem Campus zugetragen hatten. Laut Lenzen hatte ein salafistischer Prediger auf den Fluren der Universität öffentlich zu Gebetszeiten aufgerufen; männliche Muslime hatten Druck auf Frauen ausgeübt, die kein Kopftuch tragen. Lenzen sprach von "vereinzelten Vorkommnissen". Die Rückfragen, wie damit umzugehen sei, hätten in letzter Zeit zugenommen. Der Kodex wurde am Mittwoch samt einer zehn Punkte umfassenden Ausführungsbestimmung an alle Mitglieder der Universität verschickt.

An deutschen Hochschulen ist es in jüngster Zeit immer wieder zu Konflikten im Zusammenhang mit Religionsausübung gekommen. So schloss etwa die Technische Universität Dortmund im Januar 2016 ihren "Raum der Stille", nachdem muslimische Studenten eine Wand aufgestellt hatten, um Frauen und Männer zu trennen. Die Technische Universität Berlin schaffte im März dieses Jahres ihre Gebetsräume für Muslime ab.


Quelle:
KNA , epd