Zentralratspräsident Schuster warnt vor neuer Judenfeindlichkeit

Mehr Aufklärung

Auch 65 Jahre nach der Gründung des Zentralrates der Juden in Deutschland ist für dessen Präsidenten Josef Schuster der Kampf gegen Antisemitismus die zentrale Aufgabe. Judenfeindlichkeit herrsche mitten in der Gesellschaft.

Junge mit Kippa (dpa)
Junge mit Kippa / ( dpa )

Judenfeindlichkeit sei nicht mehr nur bei politischen Extremisten zu finden, sondern auch in der Mitte der Gesellschaft angekommen, sagte Schuster am Sonntag im Interview mit der Deutschen Welle: "Hier kommt er oft eher im Gewand des Antizionismus daher. Das ist zwar nichts Neues, aber man traut sich heute wieder, das zu sagen, was man vielleicht schon lange dachte, sich aber nicht getraut hatte auszusprechen."

Nur durch Aufklärung könne die Judenfeindlichkeit bekämpft werden, glaubt Schuster. Dazu gehöre auch, dass man jüdische Gemeinden und das Judentum kennenlerne, "damit es nicht als etwas Fremdes wahrgenommen wird". Kritik an der Politik des Staates Israel sei dabei durchaus legitim. Schuster, der seit 2014 Präsident des Zentralrates ist, sagte: "Wenn aber diese Kritik verwendet wird, um sofort den Bogen zu allen Juden auf der Welt zu schlagen, dann ist das Maß dessen, was ich unter einer sachlichen Kritik an der israelischen Politik verstehe, einfach überschritten."

Der Zentralrat sei bei der Gründung am 19. Juli 1950 eine Interessengemeinschaft jüdischer Menschen gewesen, die sich vorübergehend in Deutschland niederlassen wollten. "Mitte der 1970er Jahre hat sich dann ein Wandel breitgemacht, und man traute sich zu sagen, dass man bewusst wieder in Deutschland leben will, denn das war alles andere als selbstverständlich", so Schuster. Erst anschließend habe man begonnen, sich aktiv mit dem Aufbau jüdischer Gemeinden zu beschäftigten.

Die Hauptaufgabe des Zentralrates sei es, die unterschiedlichen Ansichten als Dachorganisation aller jüdischen Gemeinden zu vereinen und sie politisch zu vertreten. "Wir sprechen mit einer Stimme, damit wir die gemeinsamen Interessen deutlich und klar nach außen vertreten", so Schuster. In Deutschland lebten etwa eine Viertelmillion Juden, jeder zweite von ihnen sei Mitglied der insgesamt 108 Gemeinden. "Als einziges Land in Europa verzeichnet die Bundesrepublik eine wachsende jüdische Bevölkerung. Und das, obwohl jüdische Gemeinden immer noch von außen bedroht werden." Immer noch ständen jüdische Einrichtungen unter Polizeischutz. "Mein größter Wunsch wäre, dass dieser Polizeischutz irgendwann nicht mehr notwendig ist", so Schuster. Denn die jüdische Gemeinschaft habe in Deutschland "wieder fest Wurzeln geschlagen" und wolle das Leben mitgestalten.


 Josef Schuster ist neuer Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland (epd)
Josef Schuster ist neuer Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland / ( epd )
Quelle:
KNA