An ihrer Grabeskirche wird die neue Kirchenlehrerin gefeiert

Wegweiserin für die Kirche

Für Clementia Killewald steht fest: "Unsere Zeit braucht solche Vorbilder wie die heilige Hildegard." Sie habe gelehrt, das Leben sinnvoll zu gestalten und dazu ermutigt, sich täglich neu zu einem Leben nach dem Evangelium zu bekehren. Als Äbtissin von Rupertsberg und Eibingen ist Clementia Killewald, Jahrgang 1954, die 39. Nachfolgerin Hildegards.

Autor/in:
Peter de Groot
Eine Figur der Hildegard von Bingen (dpa)
Eine Figur der Hildegard von Bingen / ( dpa )

An deren Grabeskirche in Rüdesheim-Eibingen wurde am Mittwochabend und am Donnerstag und damit am Fest Allerheiligen zentral für die katholische Kirche in Deutschland Hildegards unlängst erfolgte Heiligsprechung und ihre Erhebung zur Kirchenlehrerin gefeiert. Dazu hatten sich rund 2.500 Menschen von nah und fern, darunter der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD), eingefunden. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst, zu dessen Bistum Eibingen gehört, und der Trierer Bischof Stephan Ackermann feierten Gottesdienste. Es gab auch Gelegenheit zur Begegnung mit den Schwestern der oberhalb der Pfarrkirche gelegenen Bendiktinerinnen-Abtei Sankt Hildegard. Am Ende der Feierlichkeiten bestand die Möglichkeit zur "stillen Verehrung" von Hildegards Reliquienschrein.

Im Mai hatte Papst Benedikt XVI. die Ordensfrau und Mystikerin, die im deutschsprachigen Raum seit Jahrhunderten als heilig verehrt wird, zur Heiligen der Universalkirche erhoben. Anfang Oktober dann nahm er sie - als vierte Frau überhaupt - in den Kreis der jetzt 35 Kirchenlehrer auf. Hildegard sei eine Frau von "lebhafter Intelligenz, tiefer Sensibilität" und "anerkannter geistlicher Autorität" gewesen, so der Papst. Für Zollitsch ist Hildegard nicht nur eine Gelehrte, sondern auch eine Lehrmeisterin des Lebens, die gezeigt habe, wie Verantwortung aus dem Evangelium wahrgenommen werden könne. Und Tebartz-van Elst sieht in ihr eine "Wegweiserin für die Kirche unseres Landes und für die ganze Welt".

Der Reliquienschrein Hildegards, der am Donnerstag in einer Prozession durch Weinberge und vorbei an mit Fahnen geschmückten Häusern zur Eibinger Pfarrkirche getragen wurde, hat eben dort seinen Platz. Hildegard hatte zunächst ein Kloster auf dem Rupertsberg im heutigen Bingerbrück gegründet, später dann auf der gegenüberliegenden rechten Rheinseite das Kloster Eibingen besiedelt. Das Kloster auf dem Rupertsberg wurde im Dreißigjährigen Krieg zerstört, dem Kloster Eibingen machte die Säkularisation ein Ende; es wurde 1814 auf Beschluss der nassauischen Regierung geräumt. Zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts dann wurde es neu errichtet.

Schädel, Haar, Herz, Zunge und Gebeine
Nach der Zerstörung des Klosters Rupertsberg waren die sterblichen Überreste Hildegards von dort nach Eibingen gekommen. Sie wurden nach der Aufhebung des Klosters privat aufbewahrt, um dann in der zur Pfarrkirche gewordenen alten Klosterkirche wieder einen Ehrenplatz zu erhalten. 1932 wurde die Kirche durch ein Feuer zerstört, seit 1935 steht an gleicher Stelle das jetzige Gotteshaus.

Seit 1929 - ihrem 750. Todesjahr - ruhen Hildegards sterbliche Überreste in dem Reliquienschrein: Schädel, Haar, Herz, Zunge und Gebeine. Der vergoldete Schrein ähnelt einem Miniaturgebäude; auf den Türflügeln allegorisch dargestellt sind die Kardinaltugenden:
Gerechtigkeit, Tapferkeit, Klugheit, Mäßigung. Alljährlich am 17. September als dem Todes- und damit kirchlichen Festtag Hildegards ist in Eibingen Hildegardisfest, wird der Schrein in einer Prozession durch den Ort getragen.

Kurz vor dem Gottesdienst mit Zollitsch in der Abtei-Kirche wurde der Schrein von der Pfarrkirche aus dorthin übertragen. Als er zum Abschluss der sich an den Gottesdienst anschließenden Prozession wieder in die Pfarrkirche kommt, wird das "Te Deum" angestimmt:
"Großer Gott, wir loben dich".

In der Kirche liegt zu Füßen einer Hildegard-Statue ein Fürbittbuch aus. Darin finden sich aus jüngster Zeit datierende Einträge wie "Heilige Hildegard, bitte für uns, dass wir im Glauben wachsen und in der Liebe reifen."