Bistum Trier erinnert an die tragische Geschichte von Zofia Klinke

Ein Kleid erzählt von Schmerz und Demütigung

Während der Heilig-Rock-Wallfahrt in Trier hatte die Katholische Studierende Jugend (KSJ) ein weiteres Gewand ausgestellt, das Ähnlichkeiten zum Heiligen Rock zeigt - nicht nur äußerlich. Eine tragische Geschichte.

 (DR)

Ein grau-weiß gestreiftes Kleid liegt auf dem Boden auf grauen Steinen. Dahinter eine brennende Kerze. Auf ihr steht die Zahlenfolge 25948. Zahl und Kleid gehören zu einer jungen Frau, zu Zofia Klinke, Häftling Nummer 25948 im Konzentrationslager für Frauen in Ravenbrück.



Zofia Klinke trug das Kleid bis zu ihrer Befreiung und der Ankunft in Polen. Die Katholische Studierende Jugend (KSJ) im Bistum Trier zeigt es in einer Ausstellung mit umfassenden Informationen rund um die Gewandthematik. Die Veranstaltungsreihe"Am Boden" findet während der Heilig-Rock-Wallfahrt bis zum 13. Mai in den KSJ-Räumen in der Weberbach 72 statt.--
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"Wir wollen das Kleid nicht verdinglichen. Deshalb dürfen davon bis Ende der Wallfahrt keine Fotos veröffentlicht werden", betont Jutta Lehnert, geistliche Leiterin der KSJ, gleich zu Beginn der Präsentation, die die Mitglieder der KSJ zusammengetragen haben. Das Kleid stecke voller Erfahrungen und Leid, von denen die Menschen selber berührt werden sollen. In dieser so medial geprägten Welt dürfe es einfach nicht reichen, ein Foto anzuschauen von einem Kleidungsstück, das so viel von Verletzung und Demütigung berichte.--
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Die ergreifende Geschichte, wie das Kleidungsstück der Polin Zofia Klinke nach Deutschland und jetzt nach Trier kam, erzählen Margret und Werner Müller aus Köln. Die beiden, 73 und 76 Jahre alt, erlebten die Grauen des Zweiten Weltkrieges als Kinder. "Aber in meiner Familie gab es zwei Täter, Onkel, die bei der Gestapo und der SS tätig waren", berichtet Werner Müller. Seit er im Alter von zehn Jahren zusammen mit seinem Vater eine Ausstellung über Konzentrationslager besuchte, habe ihn das Thema nicht mehr losgelassen. Zusammen mit seiner Frau engagierte er sich nach seiner Pensionierung sehr stark im Maximilian-Kolbe-Werk. "Dabei wurde uns bewusst, dass materielle Hilfe wichtig, die persönliche Begegnung mit den Überlebenden aber viel wertvoller ist."



KZ-Kleid will den Blick weiten auf aktuelles Unrecht

Seit 1994 traf das Ehepaar bei insgesamt zehn Besuchen in Polen auf Menschen, die in den Konzentrationslagern gequält, misshandelt und gedemütigt worden waren. Einer davon war Zofia Klinke, die Frau, die im Alter von 25 Jahren "von der Straße weg von der Gestapo verhaftet und ins Frauen-KZ gebracht" worden war und Bombenteile hatte herstellen müssen. Sehr herzlich habe sie im Jahr 2003 die Gäste aus Deutschland empfangen und ihnen zunächst kleinere Erinnerungen aus Ravensbrück gezeigt. "Und dann brachte sie das Kleid", erinnert sich Margret Müller. Im weiteren Gespräch habe die Polin ihr das Kleid dann geschenkt, da sie selber keine Verwandten habe und sichergehen wolle, das diese Erinnerung an die Zeit im Konzentrationslager in guten Händen sei. Margret und Werner Müller setzten das KZ-Kleid seither bei zahlreichen Zeitzeugen-Projekten mit Schülern im Bistum Mainz ein. Nach weiteren Stationen in Ausstellungen ist es nun nach Trier gekommen, wo es während der Wallfahrtszeit zu sehen ist. Dabei solle es nicht in Konkurrenz stehen zum Gewand Jesu im Trierer Dom. Vielmehr wolle das KZ-Kleid "den Blick weiten und hinlenken auf Schmerz, Leid und Unrecht, die heute noch passieren". --
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Inzwischen, so informierte Werner Müller, habe sich übers Internet eine in Amerika lebende Nichte von Zofia Klinke bei ihm gemeldet. Nach der Beerdigung der Tante im Jahr 2007 habe sie das Kleid gesucht und sei nun auf das Ehepaar gestoßen. "Natürlich werden wir ihr das Kleid übergeben. Hier in Trier erlebt es jetzt seinen Höhepunkt. Danach können wir es guten Gewissens an die Familie geben, in die es gehört", erklärt Müller.--
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Mit bewegenden Worten und Gesten eröffnen Mitglieder der KSJ die Ausstellung und legen das KZ-Kleid auf dem Dachboden nieder. Deutlich wird bei der Veranstaltung auch, dass Zofia Klinke trotz allen Leids ihr Leben gemeistert hat und das sogar mit Humor. Besonders klar sprechen die KSJ-ler aus, dass sowohl dieses Kleid als auch das Gewand Jesu aktuelles Leid, Not und Unterdrückung vor Augen führen. Dagegen gelte es aufzustehen und sich zu wehren. Nur dann könne die Nachfolge Jesu gelingen.--
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Margret und Werner Müller sind besonders beeindruckt, dass die KSJ-Mitglieder, Jugendliche in der dritten Nachkriegsgeneration, sich mit so großem Engagement dem Thema gewidmet haben. Informationen in Wort und Bild über Zofia Klinke und andere KZ-Häftlinge sowie über den Holocaust allgemein haben sie gesammelt und zu der eindrucksvollen Ausstellung "Am Boden"zusammengestellt. Begleitet wird diese von einer Veranstaltungsreihe, die jeweils sonntags um 14.30 Uhr in den Räumen der KSJ stattfindet. Nähere Informationen dazu und zu besonderen Angeboten für Schulklassen und Firmgruppen gibt es im hier.



(Quelle: Bistum Trier)