Gedenktag des Heiligen Georg

Wer sind die Monster?

Ist er nur eine Figur aus Legenden und abenteuerlichen Rittermärchen? Oder hat es den Heiligen Georg wirklich gegeben? In der Menschheitsgeschichte und in der Menschenseele gibt es jedenfalls beide: die Monster und den mutigen Kampf dagegen.

Autor/in:
Christian Feldmann
Bild von Sankt Georg im Limburger Dom / © Julia Steinbrecht (KNA)
Bild von Sankt Georg im Limburger Dom / © Julia Steinbrecht ( KNA )

"Georgius der Ritter kam einst in das Land Lybia, in die Stadt Silena. Nahe bei der Stadt war ein See, so groß als ein Meer, darin wohnte ein giftiger Drache (...)" So beginnt (hier in der Fassung der aus dem 13. Jahrhundert stammenden "Legenda aurea") die spannende Geschichte vom "Ritter Georg".

In Wirklichkeit soll er ein Soldat im römischen Heer zur Zeit des Kaisers Diokletian gewesen sein. Um 304 wurde er wegen seines Bekenntnisses zu Christus gefoltert und enthauptet.

Historische Persönlichkeit?

Angesichts der vielen mit ihm verbundenen Legenden kann man es sich gar nicht vorstellen, und auch die Katholiken haben ihn unter Papst Paul VI. aus dem offiziellen Heiligenkalender gestrichen, später dann wieder eingefügt – aber Georg ist möglicherweise eine historische Persönlichkeit. Die Überlieferung ist unklar, nennt aber eine Reihe real existierender Orte.

Er stammte aus Kappadokien (heute östliche Türkei), wurde Offizier, später Militärtribun in Palästina. Sein Grab in Lydda (in der Nähe von Jaffa) wurde früh zur Kultstätte, eine darüber gebaute, um 1010 zerstörte Basilika soll die erste im Orient gewesen sein. Die Ostkirche verehrte ihn schon Anfang des vierten Jahrhunderts als "Großmärtyrer", im sechsten Jahrhundert widmete man ihm auch im Abendland Kirchen. Deutsche Kaiser machten ihn zu ihrem Schutzpatron, so Kaiser Lothar, der eine Armreliquie besaß.

Allein in England tragen rund 160 Kirchen seinen Namen, die Grabkammer des britischen Herrscherhauses auf Schloss Windsor ist ihm geweiht. Ritterorden, Monarchen, Adelige in ganz Europa beriefen sich auf Georg als ihr Idol. Nicht nur die edlen Ritter verehrten ihn als ihren Schutzpatron, auch Bauern, Bergleute, Artisten, Schmiede und Sattler (wegen seines Rosses natürlich). Nicht zu vergessen die Pfadfinder! George, Georges, Jörg, Igor, Juri, Schorsch, Girgel kennt man überall in den Bauernstuben, Patrizierhäusern und Ritterburgen.

Der Einbruch des Chaos

Der Drache in der alten Legende – die sich an zeitgenössische Rittermären anlehnt – muss durch tägliche Opfer besänftigt werden, sonst trampelt er zur Stadtmauer und verpestet die Luft mit seinem Gifthauch. Als die Bürger keine Schafe mehr besitzen, gehen sie dazu über, dem Monster Menschen zu opfern, die durch Losentscheid bestimmt werden.

Eines Tages trifft das Los die einzige Tochter des Königs. Tapfer macht sie sich zum Sterben bereit – und trifft den "von ungefähr daher reitenden" Ritter Georg ("heiliger Kampf" bedeutet sein Name). Natürlich erschlägt Georg das Monster, und vier Paar Ochsen ziehen den toten Drachen aus der Stadt auf das freie Feld. Die vom König angebotene Belohnung verteilt der brave Ritter unter die Armen.

Die Drachentöter-Legende gehört zu den uralten Menschheitsgeschichten, die immer wieder neu erzählt werden und zeitlos wahr sind: In die geordnete Welt bricht das Chaos ein. Es gibt kein ungetrübtes Glück. Der Tiefenpsychologe Carl Gustav Jung sieht in dem mythischen Drachen die dunklen Kräfte des Unbewussten in der eigenen Seele, die das vorwärts strebende Ich so gern verdrängt, statt sich ihnen in fruchtbarer Auseinandersetzung zu stellen.

Die Monster, denen heute aus Feigheit, Profitgier und Machtbesessenheit Menschen geopfert werden, haben keine Drachenflügel und Feuer speienden Mäuler mehr, aber sie sind nicht minder mörderisch.

Wer glaubt, muss sich dem Kampf mit diesen Monstern stellen und die Opfer verteidigen. Wer glaubt, dem wachsen aber auch ungeahnte Kräfte zu (mit denen Georg in der Legende die schlimmsten Martern übersteht).


Quelle:
DR
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