Vor 500 Jahren begann die Eroberung Mexikos durch die Spanier

"Wie Affen griffen sie nach dem Golde"

Mexikos Präsident forderte unlängst eine Entschuldigung vom Papst und von Spaniens Krone für die von den Conquistadoren begangenen Verbrechen. Die Eroberung Lateinamerikas liefert auch 500 Jahre danach Stoff für Debatten.

Autor/in:
Joachim Heinz
Fresko von Diego Rivera, Szenen aus dem Leben der Azteken / © Hans Knapp (KNA)
Fresko von Diego Rivera, Szenen aus dem Leben der Azteken / © Hans Knapp ( KNA )

Es gibt viele historische Wegmarken, um der Eroberung Mexikos vor 500 Jahren zu gedenken. Dazu gehört der 21. April 1519. An diesem Tag, einem Gründonnerstag, landete der Spanier Hernan Cortes mit seinem Gefolge auf der Insel San Juan de Ulua.

Bereits am Ostersonntag kam es - auf dem mexikanischen Festland - zu einer ersten Begegnung zwischen den Conquistadoren aus dem fernen Europa und einem hochrangigen Vertreter der Azteken.

Nach Ostern: Ein Kreuzweg aus Gewalt und Leid

Am höchsten Fest der Christenheit tauschten beide Seiten Höflichkeiten und Geschenke aus. Doch das sollte sich bald schon ändern. Für viele indigene Gemeinschaften Mittel- und Südamerikas begann ein Kreuzweg aus Gewalt und Leid - während Cortes und seine Mitstreiter dazu beitrugen, die rund drei Jahrhunderte währende spanische Präsenz in diesem Teil der Welt zu etablieren.

Mit der Unterwerfung der Azteken, neben den Inka eines der beiden Großreiche auf dem Kontinent, begann die "eigentliche Kolonisation Lateinamerikas", fasst der Berliner Historiker Stefan Rinke zusammen, dessen Buch "Conquistadoren und Azteken" unlängst erschienen ist.

Mehrfach stand das Unternehmen der Spanier vor dem Scheitern. Und manche Einheimischen nutzten die Ankunft der Fremden dazu, offene Rechnungen mit den Azteken und deren Herrscher Moteuczoma zu begleichen. Cortes und Co trieb das Streben nach Prestige und die Gier nach Edelmetallen immer tiefer ins Reich des mächtigen Tlatoani.

"Wie Affen griffen sie nach dem Golde", notierte ein Zeitgenosse, der Franziskaner Bernardino de Sahagun. "Ihr Herz war gleichsam blank."

Die von Moteuczoma ausgesandten Boten wussten unterdessen Erstaunliches über die spanischen Rösser und ihre Reiter zu berichten: "Sie gehen schnell auf ihren Hirschen." Die Waffen seien von furchterregender Durchschlagskraft. "Wenn sie Feuer speien, versetzt es einen in Schrecken. Du würdest schreien, wenn du es hörtest."

Hohe Ehren für die Eroberer

Ob die Conquistadoren in ihren Rüstungen den Azteken tatsächlich wie himmlische Gestalten vorkamen, die einer schon länger erwarteten Rückkehr des Gottes Quetzalcoatl den Weg bereiteten, beurteilt die jüngere Forschung zurückhaltend. Auf jeden Fall ließ "der gewaltige Kaiser" Moteuczoma, wie Cortes ihn nannte, den Spaniern höchste Ehren angedeihen.

Im August 1519 setzte sich der Tross in Bewegung Richtung Azteken-Hauptstadt Tenochtitlan, auf dem Gebiet des heutigen Mexiko-Stadt gelegen. Einen Hinterhalt in Cholula überlebten die Conquistadoren knapp. Am 8. November folgte schließlich der Einzug in eine der größten Metropolen der damaligen Welt.

"Die Stadt selbst liegt mitten in einem See und ist nur über Steindämme zugänglich", schrieb Cortes. Auf den Plätzen herrsche geschäftiges Treiben. "Da gibt es Kleinodien aus Gold und Silber, Blech, Messing, Knochen, Muscheln, Hummerschalen und Federn zu kaufen, Werkzeuge, Vögel, Kleingetier, heilkräftige Kräuter, Gemüse und zahllose andere Dinge."

Tausende Leben gegen Zucker, Seide und Edelmetall

Zwei Jahre später lag Tenochtitlan in Trümmern, waren Moteuczoma und sein Nachfolger Cuitlahuac tot, der letzte Herrscher Cuauthemoc ein Gefangener der Spanier, die in den mit den Azteken rivalisierenden Tlaxcalteken wichtige Bundesgenossen gefunden hatten. Die blutige Bilanz laut Historiker Rinke: Vielleicht 1.000 tote spanische Soldaten und Abertausende indigene Krieger und Zivilisten.

In Europa zeigte sich der Habsburger Karl V. dem Eroberer gegenüber erkenntlich. Zugleich sorgte er jedoch dafür, dass dessen Macht nicht ins Unermessliche wuchs. Mit den Reichtümern aus den neuen Besitzungen finanzierte der Monarch, in dessen Reich "die Sonne nie unterging", seine eigenen Kriege.

Cortes, ein "glänzender Geschäftsmann", wie Rinkes Kollege Wolfgang Reinhard schreibt, mehrte unterdessen seinen Reichtum. Die ersten Zuckermühlen Mexikos, eine Seidenraupenzucht sowie diverse Gold- und Silberbergwerke: All dies und noch viel mehr ging auf das Konto des Glücksritters. Er werde dereinst, so sagte Cortes angeblich, "zum Klang der Fanfaren speisen oder am Galgen sterben". Ersteres ist ihm gelungen.


Quelle:
KNA