Studie zum Abendbrot in Deutschland

Vom Camping-Tisch zum Abendmahl

Brot, Käse, Wurst - die kalte Küche am Abend ist den Deutschen wichtig. Laut einer Studie geht es bei der Brotzeit mehr als nur um die Nahrungsaufnahme: Gemeinschaft, Rituale, Einkehr, Demokratie und das Christentum spielen eine Rolle. 

Autor/in:
Anna F. Veyhelmann
 (DR)

Ruhe und Rückzug in einer immer schneller werdenden Welt finden - das wollen viele. "Aber wie?", ist die Frage, die dem Wunsch oft folgt. Eine Studie des Marktforschungsinstituts "rheingold salon" hat jetzt herausgefunden, dass viele Deutsche darauf eine gemeinsame Antwort finden: Essen. Aber nicht irgendetwas oder irgendwann, sondern kalte Küche am Abend. Richtig, die Rede ist vom Abendbrot.

Laut der Studie, die in der "Rundschau für Fleischhygiene und Lebensmittelüberwachung" erschienen ist, steht die Mahlzeit am Abend vor allem für Ruhe, Austausch und Gemütlichkeit. Während das Frühstück häufig unter Zeitdruck und das Mittagessen bei Berufstätigen an verschiedenen Orten stattfindet, gilt das Abendbrot als Zusammenkunft mit der Familie in einem geschützten Rahmen.

Was zu dieser kalten Küche alles dazu gehört, hat Rheingold im Auftrag einer Fleischwarenfabrik ebenfalls erfragt: Mit 68 Prozent ist Brot die wichtigste Komponente.

"Nicht komplett" wäre das Abendbrot für 61 Prozent der Befragten ohne Wurst, die damit ebenfalls einen zentralen Bestandteil darstellt. Im gleichen Maße (60 Prozent) gehört Käse auf den Tisch. Auf diese Top Drei folgten Salat und frisches Gemüse wie "Gürkchen" oder "Tomätchen", aber eher als dekorierende Details.

Formenvielfalt am Essenstisch

Die Atmosphäre beim Essen oder die Art, wie der Tisch gedeckt wird, unterscheidet sich von Haushalt zu Haushalt. Die Studienautoren sehen sechs unterschiedliche Formen: Der "Camping-Tisch" gilt als stark improvisiert und zeichnet sich durch einfache Produkte und unverbindliche Gespräche aus.

Demgegenüber steht die Form "Klösterliche Einkehr", bei der Regeln und eine eher nachdenkliche Stimmungslage im Vordergrund stehen. "Rustikale Heimatlichkeit" und "Versöhnlicher Familienrat" stellen eine familiäre Atmosphäre in den Mittelpunkt, während das "Prekariats-Abendbrot" und "Belebende Stärkung" sich eher zwanglos und offen gestalten.

Allgemein schätzen die Befragten den "demokratischen Charakter" der Mahlzeit: dass jeder Essensteilnehmer die Runde mitgestaltet, sein Brot selbst belegt und keiner lange in der Küche stehen muss, um für alle zu kochen.

Eine ungezwungene Atmosphäre spielt dabei für 92 Prozent der Befragten eine Rolle, das Zusammenkommen mit vertrauten Menschen geben 89,5 Prozent als wichtiges Detail an.

Auch die psychologische Bedeutung des Abendbrots beleuchtet die Studie. So gestalte es "eine Phase des Übergangs von Haupt-Tagwerk zum Feierabend". Ein Befragter fasste seine Sicht wie folgt zusammen: "Das Abendbrot ist so ein Punkt, wo ich den Tag ausklingen lasse. Man weiß, alles andere ist vorbei und morgen ist ein neuer Tag."

Abendbrot und Christentum teilen gemeinsame Werte

Nicht wenige Menschen verbinden laut Studie das Abendbrot auch mit dem christlichen Abendmahl. Wie Jesus am Vorabend seines Todes noch einmal mit seinen Vertrauten und Jüngern zu einem gemeinsamen Essen zusammenkam, so läutet das Abendbrot in der heutigen Gesellschaft die letzte Phase des Tages ein.

Verschiedene Werte wie Gemeinschaft, Privatheit und Kräftigung fänden sich sowohl im christlichen Kontext als auch in der Abendbrot-Kultur der Deutschen wieder, betonen die Autoren.

Diese Kultur wollten die Bundesbürger weiterhin aufrecht erhalten, heißt es. Rund zwei Drittel gaben an, dass diese Mahlzeit für sie künftig sogar an Bedeutung gewinnen würde. Aus Sicht der Studienautoren stellt das Abendbrot Normalität und Gesellschaft her und liefert damit einen Gegenpol zu einer stärker werdenden Individualisierung und Egotendenzen.


Quelle:
KNA