Ehemaligen-Treffen im früheren Priesterseminar Neuzelle

"Man brauchte hier viel Selbstdisziplin“

Von 1948 bis 1993 befand sich im ehemaligen Kloster Neuzelle ein Priesterseminar. Rund 800 Männer absolvierten dort ihren Pastoralkurs. Nun fand erstmals ein gemeinsames Treffen für die Absolventen statt.

Autor/in:
Markus Kremser
Kloster Neuzelle / © Renardo Schlegelmilch (DR)
Kloster Neuzelle / © Renardo Schlegelmilch ( DR )

"Seit 30 Jahren war ich nicht mehr hier“, sagt einer der Besucher, der sich die leerstehenden Räume im brandenburgischen Kloster Neuzelle anschaut. Pfarrer Arnold Schwarz führt die Gruppe. Mitten in der ehemaligen Kapelle steht eine Wand. Dahinter ist noch ein Fresko aus den 1950er Jahren zu sehen. "Hier stand der Altar“, sagt einer der Besucher. Die rund 120 Männer, die sich am Mittwoch die Räumlichkeiten anschauen, haben hier das katholische Priesterseminar "Bernardinum“ besucht. 800 Männer haben dort zwischen 1948 und 1993 den Pastoralkurs absolviert, bevor sie zu Priestern geweiht wurden.

25 Jahre nach der Schließung des Seminars hat das Bistum Görlitz nun erstmals alle Absolventen zu einem Treffen eingeladen. "Der Tag ist auch Teil des Jubiläumsjahres“, sagt Markus Kurzweil, der Leiter des bischöflichen Seelsorgeamtes. Das Bistum Görlitz und das Land Brandenburg feiern das 750. Jubiläum der Gründung des Zisterzienserklosters Neuzelle. Die Anlage ist eine der wenigen vollständig erhaltenen mittelalterlichen Klosteranlagen Europas.

Gründung eines Tochterklosters geplant

Verwaltet wird sie von der staatlichen Stiftung Stift Neuzelle des Landes Brandenburg. Nach der Verstaatlichung durch Preußen hatten für rund 200 Jahre keine Mönche in dem Kloster gelebt. Das soll sich nun ändern: Die österreichische Zisterzienserabtei Heiligenkreuz plant im September mit sechs ihrer Mönche in Neuzelle ein Tochterkloster zu gründen. Die rechtlichen Voraussetzungen dafür werden derzeit geschaffen.

In die Sanierung der Anlage flossen seit Beginn der 1990er Jahre rund 52 Millionen Euro. Doch es gibt weiteren Bedarf. Das Kanzleigebäude des Klosters ist so marode, dass es derzeit baupolizeilich gesperrt ist. Zum Teil ist der Bauzustand seit etwa 50 Jahren unverändert, ein Großteil der Räume steht seit 1993 leer.

Schließung nach der Wende

Pfarrer Schwarz war seit 1987 bis zur Schließung Regens des Priesterseminars: "Etwa 15 Seminaristen hatten wir in jedem Jahrgang.“ Eineinhalb Jahre habe der Pastoralkurs etwa gedauert. Das philosophisch-theologische Studium hätten die Studenten in Erfurt absolviert. Nach der Wende fiel die Entscheidung, die beiden Seminare in Neuzelle im Bistum Görlitz und auf der Huysburg im Bistum Magdeburg zu schließen. Nur Erfurt blieb erhalten.

Erwin Probst gehört zum ersten Kurs, der in Neuzelle studiert hat. Der heute 96 Jahre alte Geistliche kam 1948: "1941 musste ich mein Theologiestudium in Breslau unterbrechen - und in den Krieg.“ Später studierte er unter anderem in Passau und kam dann nach Neuzelle. "Am 20. Mai 1949 wurde ich zusammen mit 12 anderen zum Priester geweiht“, erzählt er. Es folgten Pfarrstellen in Eberswalde, Oberschöneweide, Wittstock und schließlich in der Berliner Gemeinde Sankt Augustinus. Seit 1989 ist er im Ruhestand.

Einer der jüngsten Priester, die noch in Neuzelle waren, ist Christoph Lamm. "Ich bin der letzte, der 'unter Honecker' geweiht wurde“, erzählt er schmunzelnd. Im Juni 1989 war das, und die DDR existierte noch eben so real wie die Berliner Mauer. Der 56-Jährige erinnert sich gerne an die kurze Zeit in Neuzelle. "Insgesamt waren es nur etwa sechs Monate. Aber man brauchte hier viel Selbstdisziplin“, sagt der Cottbuser Pfarrer und meint die Disziplin beim Lernen. Die Ausbildung in Neuzelle wurde nicht benotet, es gab keine Prüfung.

Fenster und Bücher wurden verteilt

Nach der Schließung des Seminars wurden die Einrichtungsgegenstände im Bistum verteilt. Die Kapellen-Fenster kamen in eine Kapelle im Görlitzer Sankt-Otto-Stift. Der größte Teil des Buchbestandes der theologische Bibliothek steht heute im Priesterseminar der polnischen Nachbardiözese Liegnitz (Legnica). Wenn das neue Zisterzienser-Kloster nun möglicherweise in die ehemaligen Räume des Priesterseminars einzieht, wäre das der Abschluss jahrzehntelanger Bestrebungen. Denn schon in den 1990er Jahren bemühten sich die Görlitzer Bischöfe Bernhard Huhn und später dann Rudolf Müller um die Ansiedlung einer Ordensgemeinschaft.


Kloster Neuzelle / © Renardo Schlegelmilch (DR)
Kloster Neuzelle / © Renardo Schlegelmilch ( DR )

Klosterkirche Neuzelle / © Renardo Schlegelmilch (DR)
Klosterkirche Neuzelle / © Renardo Schlegelmilch ( DR )
Quelle:
KNA
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