Stimmen aus Politik und Gesellschaft zum Weltflüchtlingstag

"Integration nicht nur ökonomisch sehen"

70 Millionen Flüchtlinge gab es laut Weltflüchtlingsbericht im Jahr 2018. Am Weltflüchtlingstag beschäftigen sich Politiker, Wissenschaftler, Geistliche und Hilfswerke mit den vielfältigen Herausforderungen von Vertreibung und Migration. 

Zahl der Flüchtlinge weltweit auf Rekordniveau / © quetions 123 (shutterstock)
Zahl der Flüchtlinge weltweit auf Rekordniveau / © quetions 123 ( shutterstock )

Am Weltflüchtlingstag hat die Bundesregierung mit einer Feierstunde der Opfer von Flucht und Vertreibung gedacht. "Integration ist eine langfristige Aufgabe, die nicht nur nach ökonomischen Gesichtspunkten bemessen werden kann", sagte die Trägerin des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 2018, die Geisteswissenschaftlerin Aleida Assmann, am Donnerstag bei der Gedenkstunde in Berlin.

Nötig für Vertrauen und Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft sei das "Angenommenwerden in einer schützenden Gesellschaft". Der Verlust der Heimat und das Gefühl der Entwurzelung seien besonders einschneidend.

Es hänge für die Zukunft viel davon ab, ob Flüchtlinge - wie die deutschen Vertriebenen - eine neue Heimat und Identität fänden, erklärte Assmann weiter. "Wir alle sind Teil einer unabgeschlossenen Migrationsgeschichte, die immer neu und weiter erzählt werden muss."

"Schrei nach Gerechtigkeit und Solidarität"

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nannte die Erinnerung an Flucht und Vertreibung eine Mahnung und einen Weckruf für die Gegenwart. Trotz aller Herausforderungen verfüge Deutschland heute über die beste Demokratie und den besten Rechtsstaat, die es je hatte.

Der evangelische Bischof Reinhart Guib aus Rumänien rief dazu auf, die Mahnungen des Krieges an Kinder und Enkel weiterzugeben. Auch heute existierten Flucht und Vertreibung, sagte er. Deren Opfer schrieen wie die Millionen Opfer des Zweiten Weltkriegs nach Gerechtigkeit, Hilfe, Mitmenschlichkeit und Solidarität. Guib warb dafür, Grenzen durchlässiger zu machen sowie humanitäre Korridore zu schaffen.

Der Vertreter des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen in Deutschland, Dominik Bartsch, sagte, man solle Lehren aus dem Leid des Zweiten Weltkriegs ziehen. "Wir haben eine Pflicht zu helfen", meinte Bartsch. Diese Pflicht bestehe völkerrechtlich wegen der Genfer Flüchtlingskonvention, aber auch moralisch.

"Zugang zu Menschen in Not keine Selbstverständlichkeit mehr"

Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler, forderte bessere Bedingungen für humanitäre Helfer. "Wir setzen uns daher dafür ein, dass Hilfsorganisationen humanitären Zugang zu Menschen in Not erhalten. Leider ist dies heute keine Selbstverständlichkeit mehr", erklärte sie.

Das Deutsche Kinderhilfswerk forderte eine konsequente Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention. Dazu gehörten die Berücksichtigung des Kindeswohls und der gleichberechtigte Zugang zu grundlegenden Kinderrechten wie Bildung und Gesundheit. Probleme gebe es auch in der Frage kindgerechter Gerichts- und Asylverfahren, beim Familiennachzug sowie bei der Unterbringung von Flüchtlingskindern in Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften.

Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) verlangte, den Grundsatz der Nichtzurückweisung von Flüchtlingen strikter zu achten und forderte die konsequente Rettung Schutzsuchender aus Seenot. Sie übte zugleich Kritik am sogenannten Migrationspaket der Bundesregierung. Besonders die Kürzungen der Leistungen für Asylbewerber unter das Existenzminimum sowie die Einführung eines neuen prekären Duldungsstatus seien nicht akzeptabel.


Quelle:
KNA