NRW will bei Kirchenasyl an Verhältnismäßigkeit festhalten

"Sakrale Gebäude sind keine rechtsfreien Räume"

Nordrhein-Westfalens Landesregierung hat sich zu ihrem zukünftigen Umgang mit dem Kirchenasyl geäußert. Innenminister Jäger betonte, dass kirchliche Orte keine rechtsfreien Räume seien – auch dort könnten Zugriffe der Behörden erfolgen.

Flüchtlingsunterkunft in Pfarrei (KNA)
Flüchtlingsunterkunft in Pfarrei / ( KNA )

Im Umgang mit Kirchenasyl für von Abschiebung bedrohte Flüchtlinge sieht sich Nordrhein-Westfalens Landesregierung dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verpflichtet. Bisher hätten Vollzugskräfte zur Durchsetzung der Ausreisepflicht in kirchlichen Räumen "ein hohes Maß der Zurückhaltung im Einsatz walten lassen", erklärte Innenminister Ralf Jäger (SPD) am Mittwoch im Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags. Zugleich betonte er, kirchliche und sakrale Gebäude seien keine "rechtsfreien Räume"; auch dort könne ein Zugriff der Behörden erfolgen. Allerdings solle dies "in umsichtiger Weise" geschehen.

Laut Jäger gewähren die Kirchen in NRW derzeit 39 Flüchtlingen Kirchenasyl. 32 von ihnen seien sogenannte Dublin-Fälle, in denen andere europäische Aufnahmeländer für das Asylverfahren zuständig sind. Die "Verfahrensherrschaft" in den Dublin-Fällen liege ausschließlich beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Die Ausländerbehörden hätten keine eigenen Entscheidungskompetenzen, sondern leisteten lediglich Vollzugshilfe für das BAMF.

Festnahme im Kloster

Im Kapuzinerkloster Münster hatte die Ausländerbehörde vor zwei Wochen gegen einen Flüchtling aus Ghana die Abschiebung nach Ungarn vollstreckt, wo er zuerst registriert worden war. Wegen drohender Ausweisung hatte dieser am 14. Juni bei der Brüdergemeinschaft der Canisianer Zuflucht gesucht. Am 7. Juli teilte das Kapuzinerkloster in Münster den Behörden mit, es gewähre dem Mann Kirchenasyl. Am 23. August wollten Beamte der Ausländerbehörde Coesfeld und der Polizei seine Rückführung einleiten. Dabei wurde der Ghanaer aus dem Kloster heraus festgenommen. Das Verwaltungsgericht setzte noch am selben Tag seine Abschiebung aus, woraufhin der Ghanaer aus dem Abschiebegefängnis im westfälischen Büren entlassen wurde.

Jäger verwies auf eine Vereinbarung der Evangelischen Kirche und des Innenministeriums von 1995, wonach Kirchengemeinden schon im Vorfeld eines möglichen Kirchenasyls Kontakt zum zuständigen Ausländeramt aufzunehmen haben. Dabei sollten Fakten vorgetragen werden, die belegen, dass der Asylsuchende bei einer Abschiebung "ernsthaft an Leib, Leben und Freiheit gefährdet" sei. Bei einer Gewährung von Kirchenasyl sollten Kirche und Behörde klären, ob auf "aufenthaltsbeendende Maßnahmen" verzichtet werden könne. Im Fall einer Abschiebung soll die Kirchengemeinde laut der Vereinbarung "möglichst informiert" werden.


Quelle:
KNA