Diakonisches Werk an der Saar unterstützt minderjährige Flüchtlinge

Start in ein neues Leben

Sie fliehen vor dem Militär oder den Taliban: Minderjährige, die aus Kriegs- und Krisengebieten nach Deutschland kommen. Als eine Anlaufstelle im Saarland hilft das Diakonische Werk an der Saar ihnen dabei, hierzulande Fuß zu fassen.

Abraham Adhanom (epd)
Abraham Adhanom / ( epd )

Abraham Adhanom ist vor kurzem 18 Jahre alt geworden. Mit seinen Freunden spielt der junge Mann mit dem Lockenkopf gerne Fußball oder geht schwimmen. Ursprünglich kommt er aus Eritrea. Wie viele andere Minderjährige ist er vor dem Krieg in seinem Land geflohen. Im Clearinghaus des Diakonischen Werkes an der Saar in Völklingen hat er ein neues Leben begonnen. Zurzeit lebt er in einer Wohngruppe.

Die Zahl der minderjährigen Flüchtlinge in Deutschland ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Während im Jahr 2008 laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 770 unbegleitete Kinder aus Krisenländern hierzulande einen Antrag auf Asyl gestellt hatten, waren es 2014 rund 4.400 Minderjährige. Von Januar bis April diesen Jahres beläuft sich die Zahl laut der Nürnberger Behörde bereits auf 2.171 Jugendliche, die ohne Eltern oder Verwandte in Deutschland stranden. Auch im Saarland an der Grenze zu Frankreich steigt die Zahl. Die meisten kommen aus Afghanistan, Syrien und Eritrea.

Rund 50 Prozent der minderjährigen Flüchtlinge im Clearinghaus in Völklingen sind aus Afghanistan, die anderen meistens aus Eritrea. Es seien hauptsächlich Jungen, die bei ihnen ankommen, erzählt die Bereichsleiterin Stefanie Grönitz von der Diakonie an der Saar. Seit vergangenem Herbst waren es zwölf Mädchen und 780 Jungen. Die jungen Männer aus Afrika brächten sich vor allem vor dem Militär in Sicherheit. "Afghanische Jungs fliehen, um nicht von den Taliban eingezogen zu werden", sagt Grönitz.

Hilfe der Diakonie

In der Einrichtung der Diakonie in Völklingen kümmern sich 16 Pädagogen, drei Hauswirtschaftskräfte und eine Verwaltungskraft um die minderjährigen Flüchtlinge, die nach Geschlechtern getrennt untergebracht werden. Der sogenannte Clearingprozess endet nach sechs Monaten. Danach kommen die Jugendliche in stationäre Wohngruppen oder Jugendwohngemeinschaften. Dann sind zwei bis sechs minderjährige Flüchtlinge in einem Haus, mit einem eigenen Zimmer, einer gemeinsamen Küche, Hilfe zum Lebensunterhalt und tagsüber einer pädagogischen Betreuung.

Schuldgefühle

Abraham Adhanom hat fünf Monate für die Flucht aus seiner Heimat nach Deutschland gebraucht. Zu Fuß ging er von Eritrea nach Äthiopien. Dort musste er drei Monate an der Grenze ausharren, bevor er mit dem Auto vom Sudan nach Libyen weiterreiste. Er nahm ein Schiff nach Italien, stieg um in einen Zug nach Frankreich und fuhr von dort mit dem TGV bis Saarbrücken. Er hat noch drei jüngere Geschwister und einen 25-jährigen Bruder, der in Israel lebt.

Viele der jungen Leute im Clearinghaus fühlten sich schuldig dafür, dass es ihnen gut gehe in Deutschland, während die Familie noch im Heimatland sei, erzählt Grönitz aus Gesprächen. Die jugendlichen Eriträer wollten deshalb so schnell wie möglich eine Ausbildung beginnen, um Geld nach Hause schicken zu können.

Wünsche für die berufliche Zukunft

Afghanische Jugendliche hätten im Vergleich einen höheren Bildungsanspruch und wollten meistens studieren. Die Mitarbeiter im Clearinghaus helfen ihnen dabei, den Kontakt zu Ausbildungsbetrieben herzustellen. "Automechaniker wollen alle werden", sagt Jugendhilfeverbundleiter Volker Bourgett. Aber einige hätten auch Ausbildungen zum Bühnenbauer, Fliesenleger sowie Schreiner absolviert. "Einer der ersten Flüchtlinge ist nun in seinem Anerkennungsjahr als Erzieher", erzählt Bourgett. Bei ihm sei kein Akzent mehr zu hören, wenn er Deutsch spreche.

Auch Abraham Adhanom büffelt zurzeit Deutsch. Er spricht auch etwas Englisch. Als Übersetzungshilfe dient derzeit sein Handy, das eines der ersten Anschaffungen in Deutschland war. "Das Handy ist das Wertvollste", sagt Bourgett stolz. Es ist das Kommunikationsmittel nach außen, zu seinen Eltern daheim.

Marc Patzwald


Quelle:
epd