Mainzer Bischof Kohlgraf kritisiert innerkirchlichen Umgang

"Lieblosigkeit und Härte"

Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf predigte in einem Gottesdienst zur Eröffnung der Salzburger Hochschulwochen. Dabei sprach er sich gegen zu einfache Antworten für komplexe Fragen aus. Auch "lieblose theologische Debatten" prangerte der Bischof an.

Bischof Peter Kohlgraf vor dem Dom / © Tomasetti (DR)
Bischof Peter Kohlgraf vor dem Dom / © Tomasetti ( DR )

"Wenn die globale Welt zu kompliziert wird, hilft scheinbar der Rückzug auf das nationale Interesse", so der langjährige Hochschullehrer. "Wenn die eigenen religiösen Wurzeln und Traditionen wegbrechen, wird die fremde Religion zum Feindbild erklärt." Angesichts der alternden Gesellschaft fühlten sich manche von Fremden und Migranten bedroht. "Wenn Menschen im Mittelmeer ertrinken, kann ich mein Gewissen beruhigen, indem ich die Menschen mitverantwortlich mache, die zur Rettung der Ertrinkenden ausfahren", mahnte Kohlgraf.

Kritik an innerkirlichem Umgang

Auch die Kirche kenne ähnliche Entwicklungen, so der Bischof weiter. "Lieblose theologische Debatten, egal um welches Thema sie sich drehen, werden uns von Gott wegführen, es kann gar nicht anders gedacht werden. Und wie viel Lieblosigkeit und Härte prägen auch unser innerkirchliches Ringen um die Wahrheit", sagte Kohlgraf. Der Glaube müsse sich ins Gespräch mit einer komplexeren Welt begeben.

Den anderen verstehen lernen

"Wie hilfreich kann es sein, im anderen Menschen nicht nur den Ungläubigen oder den weniger Einsichtigen zu sehen, sondern den, der andere Facetten besser und tiefer verstanden hat." Das Ringen und Suchen in einer komplexen Welt "nimmt uns der einfache Glaube nicht ab", sagte Kohlgraf. Daher brauche es Theologie und das Gespräch "mit anderen Weltzugängen".

Orientierung in einer komplexen Welt

Der Salzburger Theologe Martin Dürnberger verwies als Verantwortlicher der Hochschulwochen auf die komplexer gewordene Welt: "Klimawandel, Migration, Digitalisierung - nirgends gibt es simple Lösungen." Das gelte auch für die Kirche, die vor großen Herausforderungen stehe: "Wie sollen wir uns in dynamischen, veränderlichen Problemlagen orientieren? Wie können wir mit Unübersichtlichkeit und Nicht-Souveränität in offenen, komplexen Prozessen umgehen?" Davon dürfe man sich ebensowenig lähmen lassen wie in fundamentalistische Vereinfachungen fallen, so Dürnberger zum Programmauftakt.

Die Salzburger Hochschulwochen fanden 1931 zum ersten Mal statt und wurden 1939 von den Nationalsozialisten verboten. Seit 1945 werden sie jedes Jahr während des Sommers abgehalten. Bis Sonntag werden Studierende und Wissenschaftler unter dem Thema "Die Komplexität der Welt und die Sehnsucht nach Einfachheit" diskutieren.


Quelle:
KNA