Rund vier Jahre lang hat ein Forscherkonsortium um den Mannheimer Psychiater Harald Dreßing an einer Studie über sexuellen Missbrauch von Minderjährigen von 1946 bis 2014 gearbeitet. Alle 27 Bistümer nahmen - für unterschiedliche Zeiträume - an der Studie teil, einige Bistümer wurden vertieft für die gesamte Phase untersucht. Sowohl Namen der Betroffenen als auch der Bistümer selbst sind anonymisiert.
Einige der wichtigsten Ergebnisse: In den 38.156 ausgewerteten Akten der 27 deutschen Bistümer gab es bei 1.670 Klerikern (4,4, Prozent) Hinweise auf Beschuldigungen des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger. Darunter waren 1.429 Diözesanpriester (5,1 Prozent aller Diözesanpriester), 159 Ordenspriester (2,1 Prozent) und 24 hauptamtliche Diakone (1,0 Prozent). 3.677 Kinder und Jugendliche sind als Opfer dieser Taten dokumentiert. Bei 54 Prozent der Beschuldigten lagen Hinweise auf ein einziges Opfer vor, bei 42,3 Prozent Hinweise auf mehrere Betroffene zwischen 2 und 44, der Durchschnitt lag bei 2,5. 62,8 Prozent der von sexuellem Missbrauch Betroffenen waren männlich, 34,9 Prozent weiblich, bei 2,3 Prozent fehlten Angaben zum Geschlecht. (kna)
12.12.2018
Wie sollte die katholische Kirche mit Missbrauchsfällen umgehen? Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, fordert nun einheitliche Standards in den deutschen Bistümern bei der Aufarbeitung.
"Ich fürchte, wenn es die nicht gibt, könnte zusätzlicher Streit und weiteres Leid für Betroffene entstehen", sagte er im Interview den Zeitungen der Verlagsgruppe Bistumspresse (Sonntag) in Osnabrück.
Wenn in einem Bistum etwa die Betroffenen gut in die Aufarbeitung einbezogen würden, in einem anderen aber nicht, könne diese Ungleichbehandlung die Glaubwürdigkeit der Kirche weiter beschädigen.
Lob für Bischöfe
Rörig drängte auf ein schnelles Handeln. "Ich wünsche mir, dass im ersten Quartal 2019 klar wird, wann Einvernehmen erzielt werden kann", sagte der Beauftragte des Bundesregierung. Noch sei etwa unklar, wer bei bereits verjährten Taten Zugang zu Akten und Archive bekomme. Geregelt werden müsse auch, welches Recht auf Akteneinsicht den Betroffenen gewährt werde.
Der Beauftragte lobte, dass der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer und der Freiburger Erzbischof Stephan Burger Fehler ihrer Amtsvorgänger beim Umgang mit Missbrauchsbeschuldigten eingeräumt haben. Sie setzen jetzt wichtige Signale zu Dringlichkeit, Bedeutung und inhaltlichen Standards.
Auch müsse unbedingt die Frage auf den Tisch, wie hoch der Anspruch von Opfern auf finanzielle Entschädigung sei, sagte Rörig. Die bisherige pauschale Anerkennungszahlung von 5.000 Euro stehe zu Recht in der Kritik und sei angesichts dessen, was den Betroffenen angetan wurde, "nur ein Tropfen auf den heißen Stein".
Prävention und Intervention als Daueraufgabe
Die Kirche habe seit 2010 bereits viel zur Prävention von Missbrauch und beim Eingreifen in konkreten Fällen getan, räumte Rörig ein. "Wenn die Kirche jetzt noch verinnerlicht, das Prävention und Intervention eine Daueraufgabe sind, die immer wieder neu durchdacht und weiterentwickelt werden muss, dann sind wir einen großen Schritt weiter."
Rörig ist sei 2011 Missbrauchsbeauftragter der Bundesregierung. Die 2010 nach Bekanntwerden des kirchlichen Missbrauchsskandals eingerichtete war zunächst bis März 2019 befristet. An diesem Mittwoch gab das Bundeskabinett grünes Licht für eine dauerhafte Einrichtung der Stelle.
Rund vier Jahre lang hat ein Forscherkonsortium um den Mannheimer Psychiater Harald Dreßing an einer Studie über sexuellen Missbrauch von Minderjährigen von 1946 bis 2014 gearbeitet. Alle 27 Bistümer nahmen - für unterschiedliche Zeiträume - an der Studie teil, einige Bistümer wurden vertieft für die gesamte Phase untersucht. Sowohl Namen der Betroffenen als auch der Bistümer selbst sind anonymisiert.
Einige der wichtigsten Ergebnisse: In den 38.156 ausgewerteten Akten der 27 deutschen Bistümer gab es bei 1.670 Klerikern (4,4, Prozent) Hinweise auf Beschuldigungen des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger. Darunter waren 1.429 Diözesanpriester (5,1 Prozent aller Diözesanpriester), 159 Ordenspriester (2,1 Prozent) und 24 hauptamtliche Diakone (1,0 Prozent). 3.677 Kinder und Jugendliche sind als Opfer dieser Taten dokumentiert. Bei 54 Prozent der Beschuldigten lagen Hinweise auf ein einziges Opfer vor, bei 42,3 Prozent Hinweise auf mehrere Betroffene zwischen 2 und 44, der Durchschnitt lag bei 2,5. 62,8 Prozent der von sexuellem Missbrauch Betroffenen waren männlich, 34,9 Prozent weiblich, bei 2,3 Prozent fehlten Angaben zum Geschlecht. (kna)