Aktion "Shalom Selfie" hängt Plakat an Kölner Domforum

"Ein deutliches Zeichen für Frieden und Verständigung"

Ganze 100 Quadratmeter groß ist das Plakat gegen Antisemitismus, das nun mitten in Köln direkt am Domforum hängt. Es gehört zur Kampagne "Shalom Selfie". Was das für eine Aktion ist und was dahinter steht, erklärt Diakon Jens Freiwald.

Shalom-Selfie (DR)
Shalom-Selfie / ( DR )

DOMRADIO.DE: Wie wirkt das Plakat auf Sie?

Diakon Jens Freiwald (Im Kölner Stadtdekanat zuständig für Ökumene und Interreligiösen Dialog): Das Plakat hier an der Fassade des Domforums vereint 1700 Selfies, also Selbstporträts von Menschen aus ganz Deutschland zu einem großen Motiv, das in einem Workshop mit jüdischen und nichtjüdischen Kindern im April in der Synagogen-Gemeinde in Köln entwickelt wurde. Dieses Motiv vereint mehrere religiöse Symbole miteinander: Den Davidstern, das Kreuz, den Halbmond, ein buddhistisches Symbol und den Regenbogen.

Das ist in diesem Workshop entwickelt worden und soll ein deutliches Zeichen für Frieden und Verständigung setzen. Deswegen steht auch der Schriftzug dabei: "Shalom + Frieden für alle" und gegen jede Form des Antisemitismus und überhaupt gegen Diskriminierung aufgrund irgendwelcher Merkmale, Überzeugungen, Religionszugehörigkeiten.

DOMRADIO.DE: Haben Sie schon Ihr eigenes Foto gesucht und gefunden?

Freiwald: Ich habe es schon gesucht. Ich habe es auf einem Entwurf des Plakats auch schon einmal gefunden. Aber jetzt hier am Haus noch nicht.

DOMRADIO.DE: "Shalom Selfie" ist eine Aktion der Stadt Köln, der Synagogen-Gemeinde Köln, des Kölner Forums für Kultur im Dialog, weil man in diesem Jahr "1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland" feiert. Warum war es dem Erzbistum Köln wichtig, bei dieser Aktion mitzumachen?

Freiwald: Dem Stadtdekanat Köln und sicherlich auch dem Erzbistum war es wichtig, sich da mit zu engagieren, weil natürlich diese Geschichte von 1700 Jahren auch eine sehr wechselvolle Geschichte zwischen Christen und Juden war und auch noch ist und diese Geschichte eben leider über weite Strecken auch von einem christlichen Antijudaismus geprägt war.

Aber es ist jetzt nicht nur das schlechte Gewissen, das uns da mitmachen lässt, sondern auch die gesellschaftliche Herausforderung, sich heute gemeinsam gegen Antisemitismus und jede Form von Diskriminierung zu engagieren. Deswegen sind wir froh und glücklich, dass wir hier an dieser sehr prominenten Stelle unserer Stadt in dieser Größe und Eindeutigkeit dieses Signal setzen können – gemeinsam mit den anderen Akteuren der Stadtgesellschaft, die daran beteiligt sind und das initiiert haben.

DOMRADIO.DE: Wie ist es derzeit denn um den interreligiösen Dialog hier in Köln bestellt?

Freiwald: Es ist hier in Köln eigentlich sehr gut darum bestellt. Wir haben den Rat der Religionen, zu dem die Oberbürgermeisterin Henriette Reker regelmäßig einlädt. Wir haben viele bilaterale Kontakte, eben auch sehr gute zur Synagogen-Gemeinde. Da spielt auch die Christlich-Jüdische Gesellschaft eine wichtige Rolle. In den Stadtteilen gibt es dezentral verschiedene interreligiöse runde Tische. Das ist eigentlich eine sehr lebendige Landschaft in Köln, in der die Religionen zusammenarbeiten.

DOMRADIO.DE: Immer wieder werden Juden in Deutschland antisemitisch beschimpft, bedroht oder auch angegriffen. Wie gehen Sie im Rahmen Ihrer Zusammenarbeit damit um?

Freiwald: Es ist wirklich schockierend, dass vor jeder jüdischen Einrichtung Polizei stehen muss, und zwar nicht aus irgendwelchen politischen Gründen, sondern aufgrund von konkreten Gefahrenanalysen der Polizei beziehungsweise des Landeskriminalamtes, die wiederum auf konkreten Drohungen und auch Ereignissen, die tatsächlich eingetreten sind, beruhen.

Wir gehen in der Form damit um, dass wir natürlich, wenn etwas antisemitisch vorfällt und geschieht, unsere Solidarität bekunden. Nach dem Anschlag in Halle ist Weihbischof Steinhäuser, der vom Erzbistum für den Dialog mit den jüdischen Gemeinden beauftragt ist, zu einem persönlichen Besuch zum Rabbiner Bruckner hier in Köln gegangen. Das war ein sehr wichtiges Zeichen, das auch sehr gut aufgenommen wurde. Und wir engagieren uns in verschiedensten Zusammenhängen, sei es mit der Aktion Neue Nachbarn oder auch mit anderen Aktionen für ein friedliches Zusammenleben, das die Vielfalt als Normalität anerkennt.

DOMRADIO.DE: 1700 Jahre jüdisches Leben. Ein Grund zu feiern. Und damit das auch angemessen funktionieren kann in diesem ganzen Jahr hat sich in Köln die Initiative 321.koeln formiert. Was steckt dahinter?

Freiwald: Diese Initiative ist ein ökumenischer Zusammenschluss des Evangelischen Kirchenverbandes, des Katholischen Stadtdekanates und der Kirchen, die in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Köln verbunden sind. Und wir wollten die Aktivitäten, die die Kirchen zu diesem Gedenkjahr beitragen, in dieser Initiative bündeln, vor allem gemeinsam auf der Webseite 312.koeln veröffentlichen, um da eine gewisse Übersichtlichkeit herzustellen.

Sie richtet sich an alle Interessierten an diesem Gedenkjahr und mit einem speziellen Fokus auch noch mal an Schülerinnen und Schüler. Da planen wir zum Beispiel bald eine Mitmach-Ausstellung, die in der Synagogen-Gemeinde stattfindet und das Judentum gerade Schülerinnen und Schülern näher bringen soll. Also das ist so eine der Aktivitäten, die da auch mit verbunden ist.

DOMRADIO.DE: An diesem Sonntag wird der Musikmarathon "Shalom-Musik.Koeln" hier im Domforum eröffnet und dann gibt es eine ganze Reihe von Konzerten jüdischer Musiker über die Stadt verteilt. Wie klingt jüdische Musik? Gibt es typische Merkmale dafür?

Freiwald: Ich würde sagen, jüdische Musik ist genauso vielfältig wie die Musik insgesamt. Es gibt jüdische Komponistinnen und Komponisten und Musikerinnen und Musiker, die eine ganz starke Verbindung zu ihrem Glauben haben, die auch besonders für jüdische Zusammenhänge, sei es jetzt im religiösen oder kulturellen Bereich, auch Musik machen oder komponiert haben.

Aber es gibt eben auch die der eigenen Religion fernerstehenden Musiker. Das ist auch nicht der Anspruch dieses Festivals, da nach einer strengen Definition vorzugehen, sondern einfach diese Buntheit und Vielfalt jüdischer Musik, also Musik von Menschen, die von jüdischer Herkunft sind, zu präsentieren und darzustellen, dass man sieht: Jüdische Musik ist mehr als Klezmer (Musikrichtung aus dem askenasischen Judentum, Anm. d. Red.)

Das Interview führte Dagmar Peters.


Quelle:
DR
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