Gottesdienst für die Unbedachten in Köln

"Jeder Mensch ist ein Kind Gottes"

"Niemand soll gehen, ohne dass für ihn gebetet wird": Ein Leitwort, dass sich die Initiatoren des Gottesdienstes für die Unbedachten in Köln zu eigen gemacht haben. Stadtdechant Robert Kleine über eine langjährige ökumenische Tradition.

Gräber auf einem Friedhof / © locrifa (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Warum gibt es diesen ökumenischen Gottesdienst regelmäßig in Köln?

Monsignore Robert Kleine (Kölner Stadtdechant): Wir sind uns als christliche Kirchen gemeinsam klar, dass in unserer Stadt niemand anonym und ohne, dass jemand an ihn denkt, begraben werden sollte. Jeder Mensch ist ein Kind Gottes und hat eine Würde. Die soll sich auch im Tod äußern. Deshalb soll es keine Unbedachten geben, an die niemand denkt, sondern auch die wollen wir in einem Gottesdienst bedenken.

DOMRADIO.DE: Diesen Gottesdienst gibt es ja schon länger in Köln. Wie ist da die Resonanz?

Kleine: Es gibt diesen Gottesdienst seit zwölf Jahren. Ein fester Initiativkreis mit Pfarrern aus der Antoniterkirche und von Sankt Aposteln bereiten ihn vor. Die Gottesdienste sind immer am dritten Dienstag im Monat. Und einmal im Jahr - das ist an diesem Dienstag - gibt es einen besonderen Wechsel: Weil der Gottesdienst ökumenisch ist, haben wir die Antoniterkirche und Sankt Aposteln als Standort. Morgen wechseln wir dann von der Antoniterkirche nach Sankt Aposteln, und das geschieht auf eine besondere Weise.

DOMRADIO.DE: Es geht da auch um ein Gedenkbuch für die Menschen, an die keiner denkt. Wo genau liegt das, und was passiert dann damit?

Kleine: Es heißt ja, dass Gott unsere Namen in seiner Hand geschrieben hat, dass die Namen im Buch des Lebens verzeichnet sind. Weil die Namen ja nicht auf irgendeinem Kreuz oder Grabstein stehen, werden sie in ein Buch eingetragen - immer die Verstorbenen, an die man gerade in dem Monat denkt. Das Buch wird in beiden Kirchen aufbewahrt.

Und da wir jetzt ein Jahr in der Antoniterkirche zu Gast waren und jetzt hinüber wechseln, wird das Buch in einer Prozession von der Antoniterkirche nach Sankt Aposteln getragen. Weil auch die Stadt ein Partner ist, ist auch die stellvertretende Bürgermeisterin dabei, Frau Scho-Antwerpes. Sie trägt das Buch in der Prozession. Begleitet von Leuchtern und auch einem Posaunenchor ziehen wir dann am Dienstag von der Antoniterkirche nach Sankt Aposteln, wo das Buch dann ein Jahr aufbewahrt wird.

DOMRADIO.DE: Wünschenswert wäre es ja, dass es möglichst wenig Unbedachte gibt. Wie könnte die Kirche denn da etwas ändern?

Kleine: Es ist so, dass wir die Namen oft vom Ordnungsamt oder Sozialamt erfahren, wenn eine Sozialbeerdigigung stattgefunden hat. Außerdem haben wir eine Vereinbarung mit dem Bestatterkreis, mit der Stadt und mit den Medienunternehmen - mit der Rundschau und mit dem Stadt-Anzeiger -, sodass immer im Vorfeld des Gottesdienstes auch eine Anzeige erscheint, in der zu dem Gottesdienst eingeladen wird und die Namen der bisher Unbedachten erwähnt werden.

Natürlich wünsche ich mir auch, dass Menschen Sozialkontakte haben. Und es gibt ja auch Möglichkeiten, Bestattungskosten so zu mindern, dass trotzdem eine würdige Bestattung möglich ist, die vor allem den Menschen gerecht wird, der einen Namen getragen hat. Aber es gibt eben auch Obdachlose oder Menschen, die keine Kontakte haben, von denen man gar nicht mitbekommt, dass sie sterben. Deren Namen werden wir eben in bester und guter Erinnerung halten, genauso wie sie jetzt bei Gott aufgehoben sind. 

Das Interview führte Carsten Döpp.


Stadtdechant Msgr. Robert Kleine / © Tomasetti (DR)
Stadtdechant Msgr. Robert Kleine / © Tomasetti ( DR )
Quelle:
DR