Jubiläumsfeier des Vereins "Cap Anamur"

"40 Jahre Leben retten"

Mit großer Wertschätzung, Prominenz, Mitarbeitern und Geretteten ist das 40-jährige Jubiläum des Vereins "Cap Anamur" gefeiert worden. Ministerpräsident Armin Laschet nutzte die Veranstaltung als Appell zur Flüchtlingshilfe.

"40 Jahre Leben retten" – 40 Jahre Cap Anamur / © Angela Krumpen (ak)
"40 Jahre Leben retten" – 40 Jahre Cap Anamur / © Angela Krumpen ( ak )

Im August 1979 ist die Cap Anamur das erste Mal ausgelaufen, um die Menschen zu retten, die vor dem grausamen Regime in Vietnam nach Ende des Vietnamkrieges , Grenzkriegen mit Kambodscha, Hunger und Not aufs Südchinesische Meer flohen. 1,5 Millionen Menschen flüchteten, nur einem Drittel gelang die Flucht.

Es muss doch möglich sein, Menschen zu retten

"Damals war ich 18 Jahre alt" erzählt Ministerpräsident Armin Laschet und lässt den Geist von 1979 wieder lebendig werden. "Damals gingen wir mit Blumen zu ankommenden Flüchtlingen. Wo gibt es das denn heute noch?" Armin Laschet erinnert an die Trauerfeier für den 2016 verstorbenen Gründer der Cap Anamur, Rupert Neudeck:

"Sehr bewegt haben mich die vielen anwesenden geretteten Vietnamesen, mit ihren Kindern und Kindeskindern. Ohne die Cap Anamur gäbe es keinen einzigen von ihnen." Leidenschaftlich und unter Applaus fordert Laschet: "Das, was im Südchinesischen Meer möglich gewesen ist, muss doch wohl vor unserer Haustür im Mittelmeer ebenfalls möglich sein!"

Angela Merkel: wahrhaftige Hochachtung

Wie viele Redner an diesem Nachmittag, bezieht sich auch die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker, auf den "kategorischen Imperativ von Heinrich Böll." Der Schriftsteller und spätere Literaturnobelpreisträger hat 1979 zusammen mit Rupert Neudeck im Fernsehen um Spenden geworben. Hat, ohne Wenn und Aber vertreten, dass jeder Ertrinkende gerettet werden müsse. Ganz gleich, was er getan habe.

Während die Kölner Oberbürgermeisterin stolz ist, dass das Büro der Cap Anamur in Köln ist, betont die Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrem Grußwort, dass sie einem Verein, der "radikale Humanität" lebe, besonders gerne gratuliere. Der Verein scheue keinen noch so schwierigen Einsatz, verdiene wahrhaft Hochachtung.

Cap Anamur blieb als einzige, als Ebola kam

Dass die Mitarbeiter des Vereins tatsächlich keine Gefahr scheuen, um Menschen zu helfen, wird im Laufe der Veranstaltung an vielen Beispielen deutlich. Geschäftsführer Bernd Göken erzählt, wie er zusammen mit den Menschen in den Nubabergen, Stunden und Tage in sogenannten "foxholes", Erdlöchern, ausgeharrt habe, wenn die sudanesische Regierung mit russischen Antonow-Flugzeugen Bomben abwarf.

Und Dr. Nelli Bell, Chefärztin des einzigen Kinderkrankenhauses in Sierra Leone, berichtet, dass alle Hilfsorganisationen und auch die einheimischen Mitarbeitergegangen seien, als Ebola ausbrach. "Nur die Cap Anamur ist geblieben." Die junge Medizinerin aus Sierra Leone hat in Deutschland studiert, ist 2011 aber mit Hilfe von Cap Anamur als Kinderärztin in ihre Heimat zurückgengegangen.

Nur vor Ort wird Flucht verhindert

Damit ist die Kinderärztin ein Beispiel für das, was der Vorsitzende Dr. Werner Strahl fordert: "Wir müssen vor Ort helfen, nur so verhindern wir Flucht." Was immer wichtiger werde: "Heute fliehen mehr Menschen denn je. Waren vor 40 Jahren 10 Millionen Menschen auf der Flucht, sind es heute 70 Millionen. Wir müssen vor Ort helfen."

Was die Cap Anamur seit 40 Jahren tut: in 60 Ländern hat sie über 25 Millionen Patienten behandelt. "Wir feiern heute zwar im Museum, aber wir gehören nicht ins Museum, unsere Arbeit ist, leider, nicht zu Ende", sagt Werner Strahl. Der kein Verständnis für Kreuzfahrtouristen hat, "die unbeschwert über das Massengrab des Mittelmeers schipperten. Für sie wäre ein Aufenthalt in einem Slum heilsam", sagt der 75 Jahre alte Kinderarzt.

Fünf Rupert-Neudeck- Schulen

Unter den Festgästen sind Schülerinnen und Schüler. Ein Mädchenchor des Rupert-Neudeck-Gymnasium Nottuln trägt mit ihrem Lehrer Bernd Nestler Popsongs vor, programmatisch besingen sie Solidarität mit "At your side" von den Corrs oder "People, help the people" von Birdy.

Seit dem Tod von Rupert Neudeck haben sich fünf Schulen nach ihm benannt. Vier in Deutschland, eine in Afghanistan. Der Verein erwartet von diesen Schulen ein besonderes Engagement, betont Cap Anamur Geschäftsführer Bernd Göken. Vom Niederrhein ist eine Delegation der Rupert- Neudeck-Gesamtschule Tönisvorst angereist, darunter Chris. Der 17jährige findet diese Erwartungshaltung richtig: "Wir repräsentieren mit dem Namen ja auch die Cap Anamur mit unserem Verhalten. Daran müssen wir uns halten."


Der Originalrettungsring der Cap Anamur / © Angela Krumpen (ak)
Der Originalrettungsring der Cap Anamur / © Angela Krumpen ( ak )

Ministerpräsident Armin Laschet fordert Flüchtlingshilfe / © Angela Krumpen (ak)
Ministerpräsident Armin Laschet fordert Flüchtlingshilfe / © Angela Krumpen ( ak )

Oberbürgermeisterin Henriette Reker und Ministerpräsident Armin Laschet / © Angela Krumpen (ak)
Oberbürgermeisterin Henriette Reker und Ministerpräsident Armin Laschet / © Angela Krumpen ( ak )

Chefärztin Dr. Nelli Bell, Freetown Sierra Leone / © Angela Krumpen (ak)
Chefärztin Dr. Nelli Bell, Freetown Sierra Leone / © Angela Krumpen ( ak )

Christel Neudeck im Rampenlicht / © Angela Krumpen (ak)
Christel Neudeck im Rampenlicht / © Angela Krumpen ( ak )

Die Delagation vom Rupert-Neudeck-Gymnasium Nottuln / © Angela Krumpen (ak)
Die Delagation vom Rupert-Neudeck-Gymnasium Nottuln / © Angela Krumpen ( ak )

Die Delagation der RNG im Gespräch mit Christel Neudeck / © Angela Krumpen (ak)
Die Delagation der RNG im Gespräch mit Christel Neudeck / © Angela Krumpen ( ak )

Die Delegation der RNG mit Neudeck Enkelin Nola / © Angela Krumpen (ak)
Die Delegation der RNG mit Neudeck Enkelin Nola / © Angela Krumpen ( ak )
Quelle:
DR
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