Wenn Eltern drei und mehr Kinder bekommen, könne sich das für den Staat lohnen, errechnete das Institut der deutschen Wirtschaft Köln für den Verband kinderreicher Familien Deutschland. Diese zusätzlichen Kinder zahlten im Laufe ihres Lebens über Steuern und Sozialversicherungsbeiträge mehr ein als sie kosten – sofern sie eine Berufsausbildung absolvierten. Das gelte auch für Einzelkinder, gab Studienleiter Axel Plünnecke zu. Jedoch bekämen Kinder aus großen Familien meist auch selbst mehr Kinder als andere, so dass die Rechnung für die öffentliche Hand letztlich aufgehe – und das obwohl Eltern mit mehr Kindern im Beruf länger aussetzen.
Meist seien es die Mütter, die sich für mehr Zeit für die Familie entscheiden, heißt es in der Studie. In jeder dritten Familie mit drei Kindern ist ein Elternteil nicht erwerbstätig, bei vier Kindern ist es nahezu die Hälfte. Jedoch hat nur gut jede neunte Familie drei oder mehr minderjährige Kinder. Die meisten haben zwei Kinder. Das arbeitgebernahe Institut empfiehlt Firmen, Traineeprogramme für Berufsanfänger mit Kind sowie Qualifizierungsangebote für den Wiedereinstieg nach drei oder mehr Kindern anzubieten. Der Staat solle eine frühe Familiengründung durch Betreuungsangebote erleichtern, Familien beim Wohnungskauf unterstützen und die Höhe der Rente an die Kinderzahl koppeln. Zuwanderung allein löse Deutschlands Demografie-Problem nicht, sagte Plünnecke.
Für das dritte Kind entscheiden sich häufig Mütter und Väter mit geringerer Bildung und niedrigerem Einkommen sowie Akademiker mit hohem Einkommen, sagte die Verbandsvorsitzende Elisabeth Müller. Es komme also darauf an, die Mittelschicht mit mittlerem Bildungsabschluss und Einkommen zu mehr Kindern zu ermutigen. Keinen Beleg fanden die Forscher für das Vorurteil, Sozialhilfeempfänger bekämen mehr Kinder, weil es sich für sie finanziell lohne. (dpa/7.9.18)
29.09.2018
Wer viele Kinder hat, kommt im Beruf oft nicht weiter. Der Verband kinderreicher Familien Deutschland fordert eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Was muss getan werden, damit sich Paare für ein drittes oder viertes Kind entscheiden?
DOMRADIO.DE: Ab wie vielen Kindern sprechen wir dann überhaupt von Kinderreichtum? Kann man das so pauschal sagen?
Florian Brich (Bundesgeschäftsführer Verband kinderreicher Familien Deutschland e.V.): So pauschal nicht. Eine kinderreiche Familie beginnt ab drei Kindern. Es gibt die juristische Definition der Mehrkindfamilie, da werden nur die minderjährigen Kinder berechnet. Unser Verband sieht das anders und sieht sich als Botschafter von 1,2 Millionen kinderreichen Familien in der Bundesrepublik.
DOMRADIO.DE: Immer öfter hört man, dass sich berufstätige Paare heutzutage unsicher sind, ob sie Kinder wollen. Wie bekommt man das denn am besten unter einen Hut?
Brich: Mit Mut und Gelassenheit – das ist die innere Einstellung, die da sicherlich wichtig ist. Gleichzeitig ist gesellschaftliche Wertschätzung wichtig, die in dieser Phase auch ermutigt, diesen Schritt zu tun. In Verbindung mit dem Beruf ist das eine große Herausforderung: Je mehr Kinder sie haben, desto höher sind die Konsumausgaben und desto schwieriger ist es mit der Mobilität. Desto schwieriger wird es auch, Wohnraum zu finden. Da denken wir, dass von politischer Seite mehr Hilfestellung erforderlich ist und auch Unternehmen sich besser darauf einrichten, dass zum Beispiel junge Mütter mit Kindern in den Beruf einsteigen wollen und sie die gleichen Voraussetzungen haben, eine Karriere zu bestreiten.
DOMRADIO.DE: Wie denken Sie darüber, dass Kinderreichtum für einige Menschen im Beruf als hinderlich gilt?
Brich: Das mag so sein. Die Wirtschaft und die Kinderreichen müssen einfach mehr in den Dialog finden. Es muss einen stärkeren Austausch geben. Die Unternehmen müssen mehr mit den mit den Rahmenbedingungen der Kinderreichen in Kontakt gebracht werden.
DOMRADIO.DE: Haben Sie denn das Gefühl, dass sich im Laufe der Zeit die Einstellung der Menschen zum Kinderwunsch verändert hat?
Brich: Ja. Man kann nicht davon sprechen, dass wir den Trend zum dritten Kind hätten. Wir wissen aus Erhebungen: In Deutschland sind etwa elf Prozent der Familien kinderreich.Wir wissen aber auch, dass im Alter zwischen 20 und 30 Jahren ungefähr sich 30 Prozent der Bürger drei oder vier Kinder vorstellen können. Da gibt es also eine Diskrepanz. Das hängt mit den Voraussetzungen zusammen, durch die sich Menschen für ein drittes Kind entscheiden: Das sind meist verheiratete Paare, die die ersten Kinder relativ früh bekommen. Das heißt, da ist der Einstieg in die Karriere und die Karriereplanung nicht abgeschlossen und in dieser Phase ist auch Vereinbarkeit sehr wichtig. Man muss da Vertrauen herstellen, dass diese Paare sich für das dritte Kind entscheiden können.
Wenn Eltern drei und mehr Kinder bekommen, könne sich das für den Staat lohnen, errechnete das Institut der deutschen Wirtschaft Köln für den Verband kinderreicher Familien Deutschland. Diese zusätzlichen Kinder zahlten im Laufe ihres Lebens über Steuern und Sozialversicherungsbeiträge mehr ein als sie kosten – sofern sie eine Berufsausbildung absolvierten. Das gelte auch für Einzelkinder, gab Studienleiter Axel Plünnecke zu. Jedoch bekämen Kinder aus großen Familien meist auch selbst mehr Kinder als andere, so dass die Rechnung für die öffentliche Hand letztlich aufgehe – und das obwohl Eltern mit mehr Kindern im Beruf länger aussetzen.
Meist seien es die Mütter, die sich für mehr Zeit für die Familie entscheiden, heißt es in der Studie. In jeder dritten Familie mit drei Kindern ist ein Elternteil nicht erwerbstätig, bei vier Kindern ist es nahezu die Hälfte. Jedoch hat nur gut jede neunte Familie drei oder mehr minderjährige Kinder. Die meisten haben zwei Kinder. Das arbeitgebernahe Institut empfiehlt Firmen, Traineeprogramme für Berufsanfänger mit Kind sowie Qualifizierungsangebote für den Wiedereinstieg nach drei oder mehr Kindern anzubieten. Der Staat solle eine frühe Familiengründung durch Betreuungsangebote erleichtern, Familien beim Wohnungskauf unterstützen und die Höhe der Rente an die Kinderzahl koppeln. Zuwanderung allein löse Deutschlands Demografie-Problem nicht, sagte Plünnecke.
Für das dritte Kind entscheiden sich häufig Mütter und Väter mit geringerer Bildung und niedrigerem Einkommen sowie Akademiker mit hohem Einkommen, sagte die Verbandsvorsitzende Elisabeth Müller. Es komme also darauf an, die Mittelschicht mit mittlerem Bildungsabschluss und Einkommen zu mehr Kindern zu ermutigen. Keinen Beleg fanden die Forscher für das Vorurteil, Sozialhilfeempfänger bekämen mehr Kinder, weil es sich für sie finanziell lohne. (dpa/7.9.18)